Grande Traversata Delle Alpi

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GTA - Grande Traversata delle Alpi (Bildband)
Iris Kürschner und Dieter Haas
Deutsch
2014
1
144
30,6 cm
26,9 cm
2
3763370633
978-3-76633-7063-4

Im Bergverlag Rother ist ein Bildband über die Grande Traversata delle Alpi GTA) mit dem Untertitel „Durch die „vergessenen“ Täler des Piemont erschienen.

Der Rezensent gesteht, dass er, als er das Buch zur Hand genommen hat, zunächst einmal überwältigt war von den eigenen Erinnerungen und Emotionen, hat er doch selbst die GTA in den Jahren 1992 bis 1996 erwandert. Neugierig gemacht hatte ihn seinerzeit die Idee hinter der GTA, mit einer Form des sanften Tourismus in die großen Teils verlassenen Hochtäler des Piemont wieder Möglichkeiten einer Existenzsicherung zurückzubringen. Die Frage, was hat sich da in den letzten 20 Jahren entwickelt hat dann u.a. auch die Beschäftigung mit dem vorliegen Bildband geleitet.

Der Hauptteil des Buches ist sehr übersichtlich nach den verschiedenen Regionen gegliedert, die GTA durchläuft: Die Lepontinischen Alpen, Simplongebiet und Hinterland von Domodossola, das Walserland, vom Monte Rosa zur Pforte des Aostatals, das Canavese, die Valli di Lanzo, Okzitanien und die Heimat der Waldenser, das Monviso-Land, die Dolomiten von Cuneo, die Seealpen und die Ligurischen Alpen. Jedes dieser Kapitel umfasst, je nach Größe der Region, drei bis zehn Tagesetappen auf der GTA. Eine solche Gliederung macht sofort deutlich, dass es sich hier nicht um einen einheitlichen Wanderraum handelt, sondern um ein geologisch, landschaftlich und kulturell höchst vielfältiges Gebiet, dass auch von denjenigen, die es durchwandern wollen, eine sehr differenzierte Betrachtung erfordert. „Eine Wanderung auf der GTA ist ein Gang durch Welten, eine Reise durch verschiedene Vegetationsstufen, durch die schönsten Gebirge der Westalpen, durch verschwiegene Nester, wo allein die GTA etwas Tourismus bringt, nicht selten aber tagelang kein Fremder auftaucht. Jedes Tal hat seinen eigenen Reiz.  (S. 7)“

Diesem Anspruch auf Differenzierung werden die einzelnen Kapitel des Buches auch durchaus gerecht. Die jeweiligen Besonderheiten der vorgestellten GTA-Abschnitte werden herausgestellt. Dabei wird Wert gelegt auf die Begegnungen mit den dort lebenden Menschen und ihrer Arbeit als wesentliches Gestaltungsmerkmal der durchwanderten Landschaft. Auch Abstecher in die jeweilige Historie kommen nicht zu kurz, was mir in der Regel sehr gut gefallen hat, wobei sie mir an einigen Stellen doch zu sehr ins Detail gehen, wie z.B. der Abschnitt über die Wiege des italienischen Alpinismus auf S. 76.

Das ausgewählte Bildmaterial unterstreicht die Intention der Verfasser, die GTA als einen Weg mit Zukunft vorzustellen, „einen Weg, wie mit sinnvoller Vernetzung von sanftem Tourismus, lokalem Handwerk und Landwirtschaft die Alpen so gestaltet werden können, wie wir sie gerne haben – keine Kunstwelt, kein Ödland, ohne Fastfood, sondern authentisch. (S. 6)“ Neben beeindruckenden Aufnahmen von Landschaft pur überwiegen Fotos von Menschen in ihrer Umgebung und bei ihrer Arbeit sowie von Landschaft als kulturell geprägter Raum.

Jedes Kapitel enthält ein Höhenprofil bezüglich der einzelnen Wanderetappen, was ich allerdings für einen Bildband für entbehrlich halte. So etwas gehört in einen Wanderführer, wie er übrigens vom gleichen Autorenteam ebenfalls im Rother-Verlag erschienen ist. Ich hätte mir stattdessen einen detaillierten Kartenausschnitt über das jeweilige Gebiet gewünscht, auf dem man die geografischen Charakteristika erkennen und auch die im Text erwähnten Örtlichkeiten auffinden kann. Die am Ende des Buches enthaltene Übersichtskarte im Maßstab 1 : 800 000 ist dafür ungeeignet.

Im Schlussteil enthält der Band Fakten zur GTA, eine Übersicht über die einzelnen Etappen mit Dauer, Länge und Höhenmetern im Auf- und Abstieg, ein Ortsregister und die bereits erwähnte Übersichtskarte.

 

Vielleicht ist noch ein kurzer Vergleich mit dem Bildband „Der Weg – Vom Monte Rosa zum Mittelmeer“ von Eberhard Neubronner (München 1992) interessant. Dabei handelt es sich um einen Erlebnisbericht einer konkreten Wanderung auf der GTA von Etappe zu Etappe, während in dem hier zu besprechenden Buch doch eher die Sachaspekte überwiegen, die sich aufgrund häufigerer Aufenthalte in der Region als darstellenswert herausgestellt haben. Für diejenigen, die sich einen intensiven Eindruck über die GTA verschaffen wollen, ergänzen sich beide Bücher hervorragend.

 

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf meine Ausgangsfrage zurückkommen: Was hat sich da in den letzten 20 Jahren entwickelt, seit ich dort unterwegs war? Nach der Lektüre des Buches scheint mir, an einigen Stellen hat die Idee der GTA Früchte getragen, z.B. im Bereich Okzitanien und den Waldenser Tälern, in vielen Regionen ist aber für das GTA-Projekt noch Luft nach oben, wenn es wirklich ein Modell für einen Weg mit Zukunft werden soll. Ich wünsche daher diesem Buch viele Leserinnen und Leser, die sich durch die Lektüre animiert fühlen, sich tatsächlich auf der GTA auf den Weg zu machen und dadurch zur Verbreitung und Stabilisierung dieser Idee von Weitwandern beizutragen.

 
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