Auf Treidelwegen, Landsträßchen, Forstautobahnen und Maultierpfaden durch die Franche-Comté

Mittwoch, 1. April 2009

Gemütlich fahren wir mit dem Schnellzug vom Rheintal kommend – den Rhein-Rhone-Kanal entlang - durch das Doubstal nach Besançon, dem Frühling entgegen. Dort legen wir unseren ersten Halt in einem Straßencafé ein. Auf der Suche nach einer aktuellen Wanderkarte im Maßstab 1:50.000 verlassen wir erfolglos eine Buchhandlung. Der Maßstab scheint im Gegensatz zu 1:25.000 und 1:100.000 bei IGN-Karten nicht gängig zu sein.

Nach einem kurzer Stadtrundgang und Besuch der Zitadelle fahren wir mit dem Bus zu unserem Hotel in Planoise, einer Trabantenstadt aus den 70er Jahren. Bei einem kurzen Spaziergang zum Fort Planoise werden wir fündig: Hier sind neue regionale Wanderwege angelegt, die uns am nächsten Morgen – ohne Querung von Hauptstraßen - aus Besançon heraus bringen.

Das Fort Planoise wurde wie viele Festungen nach dem verlorenen Krieg gegen Deutschland erst 1872 bis 1880 angelegt. Wir genießen die Aussicht und die Ruhe von der quirligen Stadt.

Donnerstag, 2. April 2009

Nach dem Frühstück geht’s flott bei angenehmem Wanderwetter auf einem mit gelbem Balken markierten Waldweg, später einer Fahrstraße, nach Avanne. Nach der Brücke über den Doubs erreichen wir Aveney und folgen nun dem GR 59 auf dem asphaltierten Radweg. Auf dem Rhein-Rhône-Kanal richten Freizeitkapitäne ihre Boote nach dem langen Winterschlaf. Bei der ersten Schleuse verlässt der Wanderweg - entgegen der Karte und unserem Führer - das Doubstal und führt die Fahrstraße nach Busy hinauf. Am Waldesrand in sicherer Entfernung sehen wir eine Gämse. Danach folgt erneut ein Abstieg ins Doubstal mit anschließendem Wiederaufstieg nach Boussières zu unserem heutigen Etappenziel Quingey im Louetal, wo wir im Hotel „la Truite de la Loue“ mit phantastischem Blick auf die Loue nächtigen.

Wanderzeit ca. 6 Stunden.

Freitag, 3. April 2009

Die heutige Wandertour ist kurz. Wir decken uns in der örtlichen Bäckerei noch mit Vorrat für unterwegs ein. Über den noch geschlossenen Campingplatz wandern wir der rot-weißen Markierung des GR 59 folgend den Fluss entlang und anschließend in Richtung Waldrand. Wir folgen der Markierung und landen auf der Landstraße in Richtung Ortszentrum. Irgendeine Markierung scheint hier nicht zu stimmen. Wir kehren um und nehmen die Straße, die jedoch zur hier als Schnellstraße ausgebauten Ortsumfahrung von Quingey, der N 83, führt. Wir kehren erneut um und finden die korrekte Markierung am Waldrand. Über Cessey und Bartherans erreichen wir Myon auf einer von Viehzucht geprägten Hochfläche. Auch bei diesem verschlafenen Dorf sprießt ein Neubaugebiet aus dem Boden.

Wanderzeit ca. 4 ½ Stunden.

Samstag, 4. April 2009

Die heutige Tour verspricht lang zu werden. Wir wandern über Forststraßen und Waldwege nach Alaise, dem antiken Alésia, dem Ort, an dem der gallische Fürst Vecingétorix die Römer unter Cäsar schlug. Auf den Spuren von Asterix und Obelix finden wir im Waldboden Spuren von Rehen, Gämsen und auch eine Tatze (wahrscheinlich Luchs). Bären oder Wildschweine laufen uns aber keine über den Weg.

In der Schlucht „Gour de Conche“ finden wir große Felder von Märzenbechern, Schlüsselblumen, Anemonen und wilden Osterglocken; eine Grotte wird besichtigt. Wir treffen auf einen beeindruckenden Wasserfall. Wir steigen über einen Waldweg, der bei den Forstarbeiten wohl unter die Räder gekommen ist, oder dessen Markierung wir mit Forstmarkierungen verwechselt haben zum höchsten Berg unserer Tour, dem Mont Poupet (850 m), in dessen Schatten noch vereinzelt Schneereste zu sehen sind.

Vom gegenüberliegenden Gipfel „Croix de Poupet“ hat man eine herrliche Rundsicht: die Franche-Comté liegt uns zu Füßen! Wir steigen hinunter über Clusy und Baud (Naturfreundehaus, leider noch geschlossen) nach Salins-les-Bains, einem alten, schön herausgeputzten Heilbad. Selten haben wir uns so über das vorzügliche Hotel „ Résidence Charles Sander“, sowie die heiße Dusche gefreut.

Wanderzeit ca. 8 ½ Stunden.

Sonntag, 5. April 2009

Nach dem gestrigen Tag lassen wir es heute ruhig angehen und beginnen mit einem Stadtbummel in Salins-les-Bains. Es steht ja nur eine Halbtagestour bei immer noch herrlichem Frühlingswetter auf dem Programm.

Wir wandern zunächst dem GR 59 folgend hoch zum Fort Saint André, das schön über der Stadt liegt und von einem großen Klettergarten mit Vergnügungspark im Freien umgeben ist. Das Fort Saint André wurde von Vauban, dem Festungsbaumeister von Ludwig XIV., errichtet. Der Klettergarten ist Anfang April noch geschlossen. Wir schauen unterwegs Paraglidern und Drachenfliegern zu und müssen uns den Weg mit Geländemotorradfahrern und Quadfahrern teilen.

Der Weiterweg verläuft nicht wie im Führer und dessen Kartenausschnitten beschrieben, sondern wurde an den Felsrand verlegt. Bei einem Abstieg zur parallel verlaufenden Eisenbahnlinie und Wiederaufstieg verlieren wir unsere Markierung. Später treffen wir auf eine gelb-blaue Markierung und queren die Eisenbahnlinie. Die Wegsuche wird uns zu anstrengend. Wir folgen der Straße über Montigny nach Arbois.

Die Landschaft hat sich entscheidend verändert. Weinbaubetriebe bestimmen hier das Leben. Überall laden Weinkeller zum Probieren und Verweilen ein. Wir aber müssen weiter.

Nach fast 6 Stunden erreichen wir unser Ziel. Unser Hotel liegt leider nicht im malerischen Ortskern, sondern am Rande von Arbois. Zum Besuch im Geburtshaus des berühmten Sohnes der Stadt, Louis Pasteur, steht uns nicht der Sinn; wir nutzen die Zeit zu einem Stadtbummel. Nach dem Abendessen geht es zeitig zu Bett, um Kräfte für den nächsten Tag zu sammeln.

Montag, 6. April 2009

Wir weichen von der Hauptroute des GR 59 ab und folgen dem GR 59 B über l’Ermitage, Puppillin, Poligny und anschließend über den GR 59 C, der entgegen der Hauptroute nicht den gesamten Taleinschnitt ausläuft, sondern auf direktem Weg nach Miery führt. Les Bordes und Passenans sind unsere nächsten Etappenziele, bevor wir in Passenans im vornehmen Hotel „Domain du Revermont“ mit Tennisplätzen, einem Pool und sehr großzügiger Architektur fürstlich nächtigen.

Wanderzeit ca. 7 Stunden.

Dienstag, 7. April 2009

Das Wetter ist heute eher bewölkt. Es wird doch nicht Regen geben? Wir wandern über die im Führer beschriebene Alternativroute, dem „Sentier des Châteaux“ an den Schlösschen Frontenay, Blandans, Domblans vorbei – ein Stück auf einer alten Römerstraße - nach Château Chalon, eine „Ville pittoresque“, also einem Touristenort mit Restaurants, einer schönen romanischen Dorfkirche, erneut einem Schlösschen, das sich jedoch genau so wenig wie die anderen besichtigen lässt.

Der Weg ist ausreichend markiert und lässt sich ohne Probleme finden. Nach Château-Chalon nehmen wir die Alternativroute. Über Billen erreichen wir auf dem GR 59 D Lavigny, wo der Weg wieder mit der Hauptroute, dem GR 59, zusammentrifft.

Mit den ersten Regentropfen erreichen wir unser Übernachtungsquartier in einer Gîte d’étape, dem ehemaligen Pferdestall des örtlichen Schlösschens, das heute als Unterkunft für Wanderer, Radfahrer und Reiter dient.

Madame erklärt uns, dass sie im Schloss für uns kochen und anschließend das Essen rüberbringen werde. Zwei Flaschen Wein werden uns auf den Tisch gestellt. Wir bevorzugen aber zunächst heißen Tee, den wir im Aufenthaltsraum mit Wohnküche zubereiten. Weitere Gäste sind nicht zu erwarten. Das Abendessen hätte aber auch locker für weitere Gäste ausgereicht. Ein großzügiges Vesper für unterwegs am nächsten Tag entschädigt für den ansonsten ungastlichen Ort.

Wanderzeit ca. 5 Stunden.

Mittwoch, 8. April 2009

Nachdem es sich über Nacht ausgeregnet hat, lacht uns nach Abzug der Wolken wieder die Sonne entgegen. Da der Direktweg nach Lons-le-Saunier nicht unseren Anforderungen für eine Wanderung entspricht, lassen wir uns von der in der Gite aufgehängten – aktuellen - Wanderkarte zu einer Alternativroute verleiten.

Wir wandern zurück auf der Hauptroute des GR 59 in Gegenrichtung nach Rosnay, la Peyrouse. Wir steigen einen Weg in einem dichten Wachholderwald hinunter nach Baume-les-Messieur im engen Seilletal. Die dortige Abtei wurde im 7. Jahrhundert gegründet und diente der Christianisierung der Gegend. Von den dortigen Mönchen wurde die berühmte Abtei von Cluny gegründet.

Über einen steilen Aufstieg von 200 Höhenmetern vom Talboden über Sernu erreichen wir bei Sur Roche den Talschluss mit herrlicher Aussicht. Über die D 471 -vor der Einmündung in die Hauptstraße- nehmen wir rechts den Fahrweg am Waldesrand entlang zu einem landwirtschaftlichen Betrieb. Dort queren wir die Straße und treffen auf einen Wanderparkplatz, bei dem lokale Fahrrad-, Wander- und Reitwege gekennzeichnet sind.

Wir folgen den Wegschildern nach Perrigny. Im Ort selbst verlieren wir unsere rot-weiße Markierung des GR 59 und wandern die letzten paar Kilometer nach Lons-le-Saunier auf der Straße. Nach ca. 5 Stunden kommen wir an das Ende unserer „Wanderung in den Frühling“, die wir in einem Straßencafé und einem Park, einem Kino und einer Pizzeria bei „heimischer“ Kost ausklingen lassen.

Fazit:

Der Jurarand ähnelt dem Rand der Schwäbischen Alb mit Steilan- bzw. abstieg und immer wieder herrlichen Ausblicken. Man kann auch mit einem 20 Jahre alten Wanderführer wandern, wenn man sich auf Wegeänderungen einstellt, die durch ein Neubaugebiet oder dem Bau einer Schnellstraße verursacht wurden. Das Durchstreifen einer Landschaft (auch wenn nicht alpin) bringt immer wieder neue Eindrücke, wechselnde Landschaftsbilder und ein intensives Erleben der Umgebung.

Die Leute sind sehr freundlich und hilfsbereit, auch wenn sie mit Ausländern nicht die besten Erfahrungen gemacht haben. Das Jura war während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg ein Schwerpunkt der „Résistance“. In jedem Ort wird den Opfern der beiden Weltkriege an zentraler Stelle gedacht.

Die Qualität der Wegemarkierung variiert von Departement zu Departement. Im Departement Doubs sind extra neue Pfosten gesetzt worden, die mit zwei Aluminiummanschetten mit jeweils 4 Schrauben, einmal mit dem Zeichen des Departements und einmal mit dem rot-weißen Balken des GR bestückt sind! Günstige Unterkünfte sind um diese Zeit leider selten zu haben, da die Gîte noch geschlossen sind.

Benützte Karte:

(nur bis Salins-les-Bains) „Le Doubs“ Massif du Jura 1:50.000 (IGN Karte 2002), es gibt aber auch eine 1:50.000 IGN-Karte für die Wegefortführung ab Salins-les-Bains.

Führer:

„Des Vosges au Jura“ GR 59 vom Ballon d’Alsace bis Lons-le-Saunier der FFRP. Es gibt auch eine neuere Ausgabe mit einem neuem Titelbild. Inwieweit Wegänderungen inhaltlich eingearbeitet wurden, kann ich leider nicht sagen.

Fotos von Martina Balluff

 

Besançon: Blick über Le DoubsBlick auf Besançon vom Fort PlanoiseDie Schlucht „Gour de Conche“Beeindruckender Wasserfall in der SchluchtBlick auf Arbois von L‘ErmitageChâteau de FrontenayChâteau-ChalonBlick auf Baume-le-Messieurs von Sur Roche aus
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