"Kungsleden“ durch das Schwedische Fjäll

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Anreise

Die Anreise mit der Bahn ist schon imposant: 43 Stunden in unterschiedlichen Zügen. Aber nur so erschließt sich die Weite des europäischen Nordens für den Betrachter. Sicher geht es schneller und billiger mit dem Flugzeug nach Stockholm und von dort weiter mit Flugzeug oder Bahn, aber die Bahnanreise bescherte uns viele neue Eindrücke, die Durchquerung von drei Währungszonen, da Dänemark und Schweden nicht am Euro teilhaben, die besondere Ansage im Zug, dass wir nun den nördlichen Polarkreis überschreiten, sowie die Durchquerung von unendlichen Wäldern mit vielen Seen und der Übergang zu fast vegetationslosen Felsengebirgen, wie sie von der letzten Eiszeit geschaffen wurden. Absolute Einsamkeit darf man aber bei der Begehung des Kungsleden nicht erwarten. Der Weg ist im nördlichen Teil gut begangen. Wir trafen Botaniker der Uni Tübingen auf Exkursion, jede Menge Pädagogen, Schweizer, ein paar Schweden und eine dänische Schulklasse. Der Weg ist mit Holzschildern markiert. Parallel zum Sommerweg verläuft der Winterweg, der mit 2,5 Meter hohen Pfosten und roten Kreuzen markiert ist. Der von uns begangene Weg ist auch als „Dag Hammersköld Leden“ oder „pilgrims paths“ gekennzeichnet und mit Meditationssteinen versehen, deren Inschriften wir mangels schwedischer Sprachkenntnisse nicht verstanden.

1. Tag

Endlich erreichen wir die Bahnstation Abisko. Wir stellen fest - gegen unseren Befürchtungen -: Es ist sonnig und wunderbar warm!! Obwohl der Zug in Stockholm voller Wanderer war, sind nur wenige bis hier gefahren. Wir laufen ca. ½ Stunde entlang der Bahnlinie Richtung Narvik bis zur „Turiststation“. Hier besorge ich mir zuerst einen Mitgliedsausweis der „Svenska Turistföreningen“, die Berechtigung für verbilligte Unterkünfte in den Fjällhütten und Fjällstationen. Nach dem Mittagessen starten wir durch das berühmte Tor des Kungsleden zu unserem Ausflug in die Wildnis!

Wir wandern durch einen Birkenwald, häufig über Holzplanken entlang dem Abiskojakka über unsere erste schwankende Hängebrücke und erreichen nach ca. 4 weiteren Stunden unser Tagesziel, die „Abiskojau-restugorna“. Die Hütten am Weg (mit Ausnahme der Fjällstationen) sind alle Selbstversorgerhütten. Es gibt keinen Handyempfang, kein fließendes Wasser und keine Elektrizität. Wasser zum Kochen und Spülen muss aus dem Bach geholt werden; baden kann man im eiskalten See (oder auch nicht). Die Hütten bieten Doppelstockbetten und warme Decken, Gasherd. Manche Hütten verfügen über eine Sauna. Nicht alle Hütten haben Einkaufsmöglichkeit. Eine Vorbuchung ist nicht möglich. Während der Saison ist vor Ort ein Hüttenwart. Eine Verpflegung –wie in den meisten Alpenhütten- gibt es nicht.

2. Tag

Fantastisches Wetter begrüßt uns am frühen Morgen. Die Tage sind jetzt noch deutlich länger als in Mitteleuropa. Der Weg geht zurück über die Brücke am Abis-kojavrisee und steigt am anderen Ufer steil bergan. Wir verlassen den Nationalpark, die Vegetation wird spärlicher und bald ist die Baumgrenze erreicht. Wir haben eine baumlose Hochebene mit fantastischer Aussicht und Blick auf viele Seen erreicht. Wir durchqueren ein Rentiergehege und sehen unsere erste Samenkote, die mit Gras bedeckte Hütte der Rentierhirten. Der Weg verläuft nun bequem oberhalb des Alisjavrisees bis zu unserem nächsten Quartier, der Alesjaurestugorna. Wanderzeit ca. 5 ½ Stunden.

3. Tag

Die Landschaft ist deutlich karger. Im Hintergrund sind vergletscherte Berge zu sehen. Wir wandern über viel Geröll und Blockfelsen und erreichen nach

3 ½ Stunden die Tjälkjastugan. Nach einer kurzen Rast steigen wir bequem zum höchsten Punkt des nördlichen Kungsleden, dem Tjälkjapass (1150 m) hoch. Danach folgt ein unbequemer Steilabstieg ins Tjäktjatal. Wir sehen unsere ersten Rentiere in freier Wildbahn! Nach 4 weiteren Stunden erreichen wir unser Etappenziel, die Sälkastugorna.

4. Tag

Bei der Morgentoilette am Bach kann ich schon eine Rentierherde am gegenüberliegenden Ufer beobachten. Der heutige Weg wird geruhsam. Er folgt mehr oder weniger dem Tjäktajakka Richtung Süden. Links und rechts sehen wir hohe Berge. Auf halbem Wege zur Singistugorna zweigt der „Nordkalottleden“ in Richtung norwegischer Grenze ab, der von Abisko bis hier identisch ist mit dem Kungsleden. Bei der Singistugorna erwarten uns ein paar unangenehme Überraschungen: Der Fluss, aus dem das Trinkwasser kam, ist infolge der Trockenheit versiegt und es gibt hier keine Einkaufsmöglichkeit! Auch der anvisierte Badesee erweist sich als zu flach. Er ist gerade ausreichend, um die Wäsche zu waschen. Wanderzeit heute ca. 3 ½ Stunden.

5. Tag

Wir verlassen das Tal des Tjäktajakka und gelangen nach leichtem Aufstieg zum Lassalavrisee. Wolken sind aufgezogen. Ein kurzer Schauer lässt uns zum Anorak greifen. Nach 4 ½ Stunden erreichen wir wieder Zivilisation, zunächst erkennbar durch einen Mobilfunkmasten. Die „Kebnekaisefjällstation“, bestehend aus mehreren Gebäudekomplexen, liegt vor uns; erkennbar durch einen Überfluss an elektrischem Strom und fließend Wasser, warmer Dusche und einem richtigen Restaurant. Die Wettervorhersage für unsere morgige Kebnekaisebesteigung sieht nicht gut aus. Aber das Essen mit einem richtigen „Starköl“, zwar sündhaft teuer, schmeckt hervorragend!

6. Tag

Der Weg zum Frühstück ist wenig einladend. Von der Ostsee sind Wolken hochgezogen, sodass die ganzen Berge im Nebel liegen, und es regnet. Wir lassen uns jedoch nicht so schnell kleinkriegen. Wie viele Wanderer und Bergsteiger rüsten wir regenmäßig auf und starten in Richtung Kebnekaise, dem höchsten Berg Schwedens, zunächst auf dem Weg, auf dem wir gestern angekommen sind. Bei der ersten Abzweigung nach rechts folgt man der Beschilderung „Vesterleden“, „Östraleden“. Bei der nächsten Abzweigung nehmen wir den „Vesterleden“. Es schieben sich jedoch immer weitere Wolken aus Südosten hoch, sodass wir das Unternehmen bei ca. 1200 m Höhe abbrechen und wieder in unsere behagliche Fjällstation zurückkehren und unsere nassen Klamotten trocknen.

7. Tag

Auch heute sind die Berge in Wolken, jedoch hat sich das Wetter beruhigt und beschert uns nur einzelne Schauer. Wir wandern durch lichten Birkenwald und über Heideflächen entlang des Laddjujokka nach Nikkaluokta, wo uns der Bus zur nächsten Bahnstation an der Ofotbahn bringen wird. Die Wegführung nach der Hängebrücke ist nicht eindeutig; man muss dem Weg rechts zum See folgen und kann die heutige Wanderung durch eine Schifffahrt über den Laddjujavrisee abkürzen. Nach ca. 5 Stunden erreichen wir Nikkaluokta, einer Ansammlung von Häusern, einer Holzkirche, einem Restaurant, einer Butik und einem großen Parkplatz. Auf Wiedersehen Fjäll, bis zum nächsten Mal!

Benutzte Landkarte:

„Lantmäterierts Fjällkarta“ BD 6 Abisko-Kebnekaise-Narvik. 1:100.000

Wanderführer:

Lohf, Rüdiger und Hennemann, Michael: Schweden: Kungsleden,

Reihe: OUTDOOR - Der Weg ist das Ziel, Band 18, Conrad Stein Verlag, 2005, ISBN 3-89392-618-6, 4. Auflage, 137 Seiten, 12,90 €

Wichtige Internetadressen:

www.visit-sweden.com

www.svenskaturistforeningen.se

www.merasverige.nu (Wanderunterkünfte und Fjällstationen)

www.tagplus.se (Fahrplaninformationen auch in Deutsch)

Alle Fotos Claudia Balluff 

1002827100282810028321002852Brücke über den Abiskojakka auf dem „Kungsleden“100286610028761002882100290510029381002963100297810029821002984100299010029941003033
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