|
Zuletzt aktualisiert am: 23.02.16
|
Europ Alpen A AL AND B BG BIH BY CH CY CZ D DK E EST F FIN FL GB GR H HR I IRL IS L LT LV M MC MD MK MNE N NL P PL RO RSM RUS S SK SLO SRB TR UKR V
W a n d e r b e r i c h t e - P o r t u g a l
Inhaltsverzeichnis: • Wo die Sonne im Atlantik versinkt Zwei Fußreisen entlang der Küste Portugals Von Werner Hohn
• Die Algarve, wild und wanderbar Von Rüdiger Dilloo
• Eindrücke vom Caminho Português Von Werner Hohn
Die Azoren als Wanderparadies im Atlantik Von Gerhard Wandel
Wo die Sonne im Atlantik versinkt
Zwei
Fußreisen entlang der Küste Portugals
Von Werner Hohn
Weichkochen kann dauern. Tage, Wochen, Monate. Für
unsere „Wanderungen“ entlang der portugiesischen Westküste hat es Jahre
gebraucht. Es war ein langer Weg vom Trampelpfad durchs dunkle heimische Tann
bis auf die Seitenstreifen
4-spuriger Schnellstraßen unter südlicher Sonne.
Angefangen hat das Weichkochen 2004. Nach Süden,
hinunter nach Frankreich, wollte ich. Die ganze Strecke über Wanderwege. Der E1,
die Jurahöhenwege in der Schweiz, der GR65 in Frankreich. Bekannt, beschrieben,
markiert und schön. Nur wenige Straßen, dafür von anderen ausgedacht und
vorgekaut.
Die Sache mit dem Weichkochen hat auf eben dieser
Wanderung ein alter Mann in Gang gesetzt. Südlich von Frankfurt war das. Wir
waren beide auf dem E1 unterwegs. Er in Richtung Norden; und im Gegensatz zu
mir, hatte er keine Wanderkarten im Gepäck. Ihm reichte eine Straßenkarte, die
gute alte Generalkarte.
Dass er auf dem E1 gestoßen war, sei purer Zufall
gewesen. Solange die Markierung ihn nach Norden führe, würde er dem
Fernwanderweg folgen. Ansonsten sei ihm die Sache mit den Wanderwegen wurscht.
Das Weitwandern auf Wanderrouten hätte er schon seit 20 Jahren aufgeben. Heute
reiche ihm eine Straßenkarte. Erwischt er zufällig eine Wanderstrecke ist es
gut, muss er auf kleine Straßen, passt es auch. Spinner, habe ich damals
gedacht. Jedoch hatte er keine 3 Kilo Wanderkarten im Rucksack, wie ich. Und ihn
„zwang“ keine Markierung, wie mich.
Einen Tag später traf ich im Odenwald auf einen
jungen Schweizer aus Zürich. Der wollte bis Frankfurt und dort nach Dresden
abbiegen. Auch der hatte keine Wanderkarten, war auch mit einer Straßenkarte
unterwegs. Noch so einer, der den Autoverkehr liebt, dachte ich.
Mitgekocht hat auch Wolfgang Büscher mit seinem Buch
„Berlin – Moskau - Eine Reise zu Fuß“. Einfach losgehen, nur die großen Straßen
und der direkte Weg nach Osten als grobe Richtschnur, das hat schon etwas
Faszinierendes.
Richtig Dampf beim Kochen hat der Rothaarsteig
gemacht. Sechs graue, nasse und dunkle Herbsttage durch Wald, Wald und nochmals
Wald. Man sieht nichts vom Land, läuft vorbei an den Menschen und kann sich nur
über sinnlose Installationen am Weg wundern.
Ein paar Gewürze hat Hamish Fulton mit seinen
„Walks“ über Europas Straßen drunter gemischt. Turnschuhe an und ab auf die
Straße. Nicht immer, aber oft habe ihm das gereicht.
Und dann gab es auch die Tage, an denen eine
Bemerkung des Alten vom E1 auflebte. Wandern, hatte er gesagt, lässt sich auch
da, wo keine Wanderwege sind, sonst bleibt ein Teil der Welt für Wanderer
unentdeckt.
Irgendwann waren wir reif fürs Wandern ohne
Wanderwege, ohne Wanderkarten, ohne Wanderführer. Portugal sollte es werden.
Immer die lange Atlantikküste entlang. Ein Packen Militärkarten, ein Packen
ausgedruckte Satellitenfotos, eine Straßenkarte und ein Reiseführer sollten
reichen, denn brauchbare Infos übers Weitwandern in diesem Land waren nicht zu
bekommen. Meine E-Mails an die entsprechenden Stellen blieben unbeantwortet, die
Infos im Internet drehten und drehen sich immer um Spaziergänge in der Algarve.
Einzig der Wanderführer „Algarve“ von Ulrich Enzel aus dem Bergverlag Rother
sollte den Einstieg und das Vertrautwerden erleichtern. Denn so’n bisschen
hasenfüßig bin ich dann doch, wenn’s um was ganz
Neues in
einem fremden Land geht.
So ausgerüstet stieg ich im Frühjahr 2008 aus dem
Flugzeug in Faro, machte eine Etappe vom Flughafen weg am Strand entlang nach
Quarteira, noch eine bis Albufeira und hatte die Nase voll. Drei Tage später war
ich wieder bei meiner Familie. Eine Woche später stand ich in Pamplona, um den
Camino bis Santiago zu gehen, und wieder vier Wochen später in Porto. Erneut war
Santiago das Ziel, nun über den Caminho Português, da war meine Frau dabei.
Von Portugal waren wir begeistert. Auf uns wirkte
das Land etwas verschlafen, nicht so geschäftig wie sein großer Nachbar. Nur
zwei Dinge störten: unsere Landsleute, die ebenfalls auf diesem Weg unterwegs
waren - vermutlich die Nachwehen vom Camino francés - und dass wir mal wieder
einer Markierung und einem Buch hinterherliefen. Mangels Karten waren wir beiden
ausgeliefert. Aber wir wollten wiederkommen, das Land für uns entdecken. Meine
abgebrochene Wanderung vom Frühjahr bot sich an. Aus Zeitgründen mussten wir die
Küstentour auf zwei große Etappen á 3 Wochen aufteilen: im Oktober 2008 von
Lagos nach Lissabon, im März/April 2009 von Lissabon bis Porto.
Zusammen gut 620 Kilometer.
Auf beiden Reisen haben wir gefunden, wonach wir
gesucht haben, auch wenn wir dafür ein paar hundert Kilometer Straße gehen
mussten. An einigen Tagen haben wir Wanderwege gesehen oder kurz unter den Füßen
gehabt. Manchmal haben wir die sogar gemieden, weil wir über keinerlei Wissen
verfügten, wohin die wenigen markierten Wege überhaupt führen. Die lokalen
Tourismusbüros übrigens auch nicht, jedenfalls nicht, wenn die Wege über die
Gemeindegrenze hinausgehen.
Bis auf die oben erwähnten Karten gab es keine
Planung. Doch eins haben wir vorher gemacht: Wir haben die Lage der
Jugendherbergen und Campingplätze in die Militärkarten übertragen. Jeden Abend,
hin und wieder erst beim morgendlichen Aufbruch, haben wir uns Gedanken über die
anstehende Etappe gemacht. Nach mehreren Irrwegen und Sackgassen hatte eine
halbwegs gesicherte Wegführung Vorrang vor der Suche nach natur belassenen
Wegen. Hauptsache nach Norden, war die Devise, und so nahe an der Küste wie
möglich. Und mehr als einmal hat der Zufall den Weg bestimmt. Sei es, dass wir
uns verlaufen hatten und auf der
Suche nach einer Bar eh schon auf einer anderen Straße gelandet waren, oder der
geplante Weg versperrt war.
So, das war’s mit der Rechtfertigung und
Selbstbeweihräucherung. Wer jetzt noch auf Beschreibungen für Wanderwege hofft,
darf sich zu den Optimisten zählen.
Ruhiger und warmer Herbst
Lagos – Salema - Sagres – Carrapateira - Aljezur –
Brejão – Almograve – Porto Covo – Sines – Fontaínas da Mar – Setúbal –
Fontaínhas – Coina (15 km vor Lissabon)
Wir sollen doch den Seitenstreifen der Schnellstraße
nehmen, meinte der Vorarbeiter des Bahnarbeitertrupps. Die sei der einfachste
und schnellste Weg in die Stadt. Das war kurz vor Sines. Auf der Suche nach
einem Weg abseits der Schnellstraße waren wir auf den Bahngleisen, die den viel
zu großen Hafen der kleinen Küstenstadt an Europa anbinden, gelandet. Kein
Schimpfen, kein lautes Wort, was wir auf
der Bahntrasse zu suchen hätten. Dafür der Tipp mit der Schnellstraße. In
Portugal ist es durchaus üblich, die nächstbeste Straße zu nehmen – egal ob
Autofahrer,
Pilger nach Fatimá oder eben Fußgänger. Aber eine Schnellstraße und dann noch
mit vier Spuren?
Da waren wir schon ein paar Tage unterwegs gewesen.
Trampelpfade hoch über der Steilküste, Staubpisten durchs hügelige Hinterland,
weiche Sandwege durch die Dünen, den harten Strand nahe am brausenden Atlantik,
Feldwege, Ackerfurchen, den schmalen Betonrand eines langen Bewässerungskanals,
in der Mittagshitze flimmernde Teersträßchen, die schmalen Randstreifen wenig
befahrener Nationalstraßen, all das hatten wir schon unter den Füßen gehabt, die
Standspur einer 4-spurigen Straße noch nicht. Eine halbe Stunde später waren wir
in Sines. Begegnet waren uns noch keine zehn Autos. Gut, dachten wir,
Schnell-straßen sind ab sofort eine mögliche Alternative. Spätestens hier wurde
aus
einer Wanderung eine Reise zu Fuß.
Angefangen hatte das alles ganz anders. Ganz im
Süden Portugals waren wir noch gewandert. Die Südküste der Algarve hat sich
zwischen Lagos und dem Cabo de São Vicente ihre Ursprünglichkeit weitestgehend
bewahrt. Keine Betonburgen und ausufernde Villensiedlungen, wie weiter rüber
nach Osten. Nur einige kleine Dörfer, die in den tief eingeschnitten, meist
trockenen Bachtälern vor dem hier beinahe ununterbrochen wehenden Wind Schutz zu
suchen scheinen. Dazwischen Trampelpfade, die oft in der dichten Macchia
unterzugehen drohten. Mal hoch über dem Atlantik mit atemberaubender Sicht über
die in der Sonne gleißende Steilküste, dann wieder runter zu
einsamen Stränden, die um diese Jahreszeit menschenleer waren. Die bröckelnde
Abbruchkante der Steilküste und das ewige Rauschen des Ozeans gaben den Weg vor.
War der Ozean nicht mehr zu hören, wurden Pfade zu unserer Linken genommen,
drohten die im Nirgendwo hoch über dem Wasser zu enden, wieder die Pfade rechts
von uns. Lagos – Salema – Sagres, das waren zwei Tage Urlaub, Zeit, um sich nach
unserem Besuch im Frühjahr wieder an Portugal zu gewöhnen.
Kurz vor Sagres lief uns eine Wandergruppe über den
Weg. Landsleute auf einer geführten Tageswanderung entlang der Klippen. Bis auf
ganz wenige Wohnmobilurlauber war das bis Lissabon unsere letzte Begegnung mit
Touristen. Ab da gehörte Portugal meiner Frau und mir. Und ab da hatte das
Wanderbuch von Ulrich Enzel ausgedient. Für zwei Tage hatte es uns den Einstieg
sehr erleichtert. Die Westküste jedoch ist auch für dieses Buch weitestgehend
unbekanntes Land. Ab dem Leuchtturm, der über dem südwestlichsten Punkt von
Europas Festland thront, sollten die Militärkarten und die Satellitenfotos die
Führung übernehmen – und der Zufall.
Der führte uns dann auch sofort auf die erste
Landstraße, denn das Vorhaben, uns einen Weg über die unzähligen Trampelpfade zu
suchen, endete nach weniger als einem Kilometer. Da gibt es nur die Pfade der
Klippenangler. Entweder enden die an einem Felsen hoch überm Meer, oder
verbinden mal eben zwei oder drei Buchten, vom undurchdringlichen Gebüsch ganz
zu schweigen. Das dürfte auch der Grund sein, warum es für die Westküste keine
brauchbaren Wanderführer gibt.
Die geteerte Piste, die uns vom Leuchtturm nach Vila
do Bispo führte, ging schon bald in einen schnurgeraden Feldweg über. Die
Hoffnung, dass dies so bleiben würde, endete nach wenigen Stunden an der EN-268.
In Richtung Norden war das die einzige durchgehende Alternative, sofern wir in
Küstennähe bleiben wollten, trotz all der Militärkarten und Fotos aus dem
Weltall. Ab da nahmen wir alles, was uns vor die Füße kam. Es waren einige
schöne Strecken dabei, nicht zuletzt, weil im Herbst die Straßen autoleer sind.
Die EN-268, später sogar eine Nationalstraße, die
N-120 mit ihren diversen Ablegern, wurden zur Wirbelsäule unserer Reise. An so
gut wie jedem Tag fanden wir eine Alternativroute, aber wenn nichts mehr ging,
war es gut zu wissen, dass da noch eine durchgehende Straße ist.
Nach und nach liefen wir so aus dem gesicherten
Wissen unseres Reiseführers heraus. Welcher Reisebuchautor verirrt sich auf den
Höhenzug zwischen dem Atlantik und der Nationalstraße südlich von Aljezur? Eine
staubige Piste, die nördlich von Carrapateira abzweigt, hatte uns dorthin
gebracht. Hinter einem verfallenden Gehöft, das von ein paar an kurzer Kette
gehaltenen Hofhunden bewacht wurde, hatte die Piste angefangen. Danach folgte
stundenlanges Gehen über die einsame Anhöhe mit Blick auf den Atlantik auf der
einen und die im Gegenlicht der Morgensonne silbrig schimmernden Hügel der Serra
do Espinhaço de Cão auf der anderen Seite. Hier
und da ein einsames Dorf, eine schäbige Kate, ein paar Menschen, die uns
neugierig nachschauten, aber nur wenn sie glaubten, wir würden das nicht sehen.
Wir wären gerne noch länger da oben geblieben, leider haben wir uns verlaufen
und mussten dann auf die Nationalstraße.
Odeceixe hätten wir über die N-120 erreichen können,
doch wir fanden eine schmale Nebenstraße. Ein Kopfsteinpflastersträßchen,
begrenzt von niedrigen weißen Häusern mit farbenfrohen Fensterlaibungen, führte
uns zur Windmühle a m Hang. Unsere erste Windmühle war das nicht. Von denen
hatten wir schon einige gesehen. Schon am Morgen hatte uns die Neugier zu einer
abseits der Nationalstraße liegenden Mühle mit dem charakteristischem Rundturm
geführt. Breit und schwer wie alle Windmühlen an dieser Küste, überragte der
gedrungene Turm das undurchdringliche Grün der Büsche. Eine sandige Fahrspur
führte durchs Gehölz, wohl die Zufahrt, um
dann kurz
vor Erreichen der Umfriedung doch abzubiegen und der N-120 mit etwas Abstand
nach Norden zu folgen. Wieder mal hatte uns der Zufall einen Weg beschert.
Wie aus dem Nichts stand plötzlich ein alter Mann in
der Tür der Mühle von Odeceixe und winkte. Mit einer wortreichen Erklärung wurde
ich durch die kleine Windmühle gelotst. Man könne jederzeit wieder mit dem
Mahlen anfangen, so gut sei alles in Schuss, deutete ich seine Gesten, riet ich
aus den wenigen Worten, die ich verstand. Meine Sprachlosigkeit schien ihm
Ansporn zu sein, denn der Redeschwall wollte kein Ende nehmen. Vermutlich war er
froh über unser Auftauchen in seiner weißen Windmühle an der Grenze der Algarve.
Im Baixo Alentejo, der nächsten Region, wird die
Küste nach und nach niedriger, die Strände dafür immer länger. Wir waren immer
öfter auf tiefgründigen, lockeren Sandwegen unterwegs; die ersten Vorboten der
unendlichen Sandküste hinter Sines, die wir in wenigen Tagen erreichen sollten.
Im Alentejo wurde die Wegfindung bedeutend einfacher. Oft boten die
Militärkarten mehrere Alternativen an, sodass wir wählen konnten. Fester Belag,
Feldweg oder je weiter wir nach Norden kamen, immer wieder Sandpisten durch die
Dünen. Das Gehen auf dem weichen, lockeren Sand wurde schon
nach wenigen hundert Metern zur Qual. Schon beim Abrollen verliert der Schuh
jeglichen Halt, vom Abstoßen ganz zu schweigen.
Die einsame Atlantikküste mit ihren windzerzausten
Kiefern, den verlassenen Stränden, dem grünen Hinterland, ihren kreisförmigen
Feldern und den „Anbauflächen“ für den scheinbar so begehrten Rollrasen, wurde
für ein paar Tage unsere Heimat.
Wir waren meist schon frühmorgens unterwegs. Um
diese Zeit war Portugal noch ganz still. Nicht, dass es an dieser Küste in
diesem Herbst je laut wurde, aber die frühen Morgenstunden waren still und
wirkten wie ein Verstärker für die von Menschen verursachten Geräusche.
Der
tuckernde Motor eines Traktors, der im Schritttempo einen Anhänger übers
Gemüsefeld zog, hämmerte sich in den Morgen. Im Schlepptau Männer und Frauen bei
der Salaternte. Die schwatzenden Frauen, die auf den fliegenden Händler
warteten, waren in der engen mit Schlaglöchern übersäten Dorfstraße schon zu
vernehmen, bevor sie zu sehen waren. Der Lkw, der mit laufendem Motor direkt vor
der Bar mit dem von der Sonne rissig gewordenen Plastikvordach parkte, war noch
viel länger zu hören.
Dann wurde es auch schon Zeit für den ersten Kaffee
in einer Bar am Straßenrand, in einem namenlosen Ort oder in einer der wenigen
„Hochburgen“ des Tourismus, die um diese Jahreszeit schon dem Winterschlaf
entgegen fiebern. Mit Kaffee haben wir uns durch Portugals untere Hälfte
gesoffen, man muss es so nennen. Die 50 oder 60 Cent für den kleinen Schwarzen
waren immer griffbereit. Mal eben in eine Bar reinspringen, sich zwischen
Landarbeiter oder Handwerker zwei Tassen über die Theke reichen lassen, wurde
zum festen Ritual. Uns trieb ja niemand. Ein Schlafplatz für die Nacht war
immer sicher. Irgendwo an dieser Küste war immer ein Bett frei oder fand sich
ein offener Campingplatz.
Zambujeira do Mar hat es bis in die Reiseführer und
Kataloge der Reiseveranstalter geschafft
Ein weißes Kirchlein hoch über den Klippen, drumherum weiße Häuser. Am
Fuß der Klippen ein von der Ebbe freigelegter Sandstrand, auf dem Krabbensammler
hin und her huschten. Oben an der Mauer lehnten drei alte Männer die übers Meer
schauten. Vermutlich kommen sie jeden Morgen hierher. Hier trafen wir den
einzigen mürrischen Wirt unserer Reise. War wohl spät geworden gestern Abend,
oder wir zu früh für ‘nen Kaffee.
Die Jugendherberge in Almograve erreichten wir viel zu früh. Die Rucksäcke durften wir abstellen, wiederkommen jedoch erst am frühen Abend. Almograve, auch so ein Ort mit weißen Häusern am Meer, aber nicht überm, hinterm Meer, hinter einer mächtigen Düne Ein Kirchlein, ein Kindergarten, zwei, drei Bars, ein paar Pensionen, zwei Restaurants, die um diese Jahreszeit schon lange nicht mehr alle offen waren. Dorfleben im Kriechgang. Passend dazu das Restaurant. Die Mutter in der Küche, der Sohn macht den Kellner. Eine Speisekarte gab es mal wieder nicht, gut so. Der Sohn rasselte die drei Fisch- und die zwei Fleischgerichte runter, die Muttern auf der heißen Herdplatte hatte, dazu noch den Nachtisch, der wie so oft i
m
Süden einem Plastikbecher entspringen sollte.
Sicherlich, das Dargebotene würde keinen Feinschmecker glücklich machen,
Hausmannskosten eben, reichlich und preiswert.
Ja, und
dann waren wir in Sines. Vasco da Gama wurde da geboren. Neben ein paar
Schnellstraßen hat Sines ein architektonisch tolles Centro de Artes, in dessen
Lesesaal wir uns eine Stunde kostenloses Internet erschnorrten. Mal eben
nachsehen, wie das mit einer Fährverbindung zwischen dem langen Finger der
Halbinsel Troia und Setúbal aussieht. Irgendwie mussten wir ja über das
Mündungsdelta des Rio Sado. Wie so oft fanden wir mal wieder keine verwertbaren
Infos, die gab es dann in der Touri-Info. Na ja, dafür sind die schließlich auch
da.
Am nächsten Morgen lag sie dann vor uns, die
portugiesische Sandküste. Bis hoch nach Setúbal erstreckt sie sich. Mehr als 70
km durchgehender Strand, dazwischen eine Hand voll Dörfer und ein paar Meter
hinter der Küste eine Straße. Kilometer um Kilometer nur Sand und Kiefern. Das
Vorhaben, die komplette Strecke über den Strand zu gehen, gaben wir wegen
Probleme mit den Gelenken bald auf. Es wurde eine Mischung aus allem, und wie
der Zufall es will, sind wir deshalb auf einen Fernwanderweg gestoßen. Zwischen
Aldeia de Brescos und Melides leuchtete die weiß-rote Markierung des GR11/E9
(vermutlich) von den
Baumstämmen. Eine halbe Stunde waren wir auf dem unterwegs, bis wir wieder auf
die Straße gewechselt sind. Wohin die führte war ersichtlich, bei der Markierung
nicht.
Die Monotonie der Sand- und Kiefernwüste war
großartig. Vielleicht, weil nach stundenlangem Gehen auch jede noch so banale
Abwechslung einen anderen Stellenwert für uns bekommen sollte.
Belanglosigkeiten, wie das „Estabelecimento Prisonal“ auf halbem Weg zur Fähre.
Die rostigen Schilder am Straßenrand haben schon zu Zeiten der Diktatur vorm
Betreten des Geländes gewarnt. Kilometer auf Kilometer „ZONA PRISONAL“, bis dann
endlich der moderne Knast auftauchte. Der alte, der aus Salazars Zeiten, war
auch noch da, jedenfalls die Wirtschaftgebäude. Zwei niedrige, langgestreckte
Wohngebäude parallel nebeneinander. Im Schatten Männer auf alten Stühlen und
Hockern. Ausnahmslos alte, kleine, krumme Männer.
Davor mal wieder ein rostiges Schild: „ZONA PRISONAL“. Ex-Gefangene, die hier
ihren „Ruhestand“ runterreißen? Ich hätt’ rüber gehen können. Meine Frage wäre
bestimmt nicht ohne Antwort geblieben, denn neugierig waren auch sie. Wann
kommen hier schon mal zwei Menschen mit Rucksäcken zu Fuß die Straße hoch? Aber
darf man einfach mal so nachfragen, nur so aus Neugier, als Voyeur?
Klasse war auch Torre. Ein Nest, weniger noch. In
zwei Minuten waren wir durch. Eine vernagelte Cafeteria am Straßenrand,
gegenüber eine leerstehende Lagerhalle, die halb so lang ist wie der Ort, auf
den Strommasten ein paar Störche. Treff- und Mittelpunkt ist die einsame
Tankstelle auf halbem Weg nach Comporta. Dort sahen wir dann die ersten
Reisfelder in Portugal. Leider waren die schon abgeerntet
In der Sonne trocknendes Reisstroh zeichnete geometrische Muster in die
Landschaft.
Ein wirklicher Höhepunkt war jedoch die Steilküste
dieser Region. Nicht sonderlich hoch, dafür aus ziemlich weichem Sandstein.
Keine Küste für die Ewigkeit, eher dauernde Veränderung. Sonne, Wind und Regen
sind die Bildhauer. Schluchten, Gruben, Löcher, Kämme, Tore, Höhlen, Grate,
Rinnen. Vereinzelt hat etwas Grün einen Platz gefunden. Schön für ein paar
Jahre, vielleicht nur bis zum nächsten Regen, der wieder Neues schaffen wird.
Dann war da noch die Strecke zwischen Setúbal und
Lissabon. „Südlich des Tejo“ nennt der Reiseführer (Portugal, Michael Müller
Verlag) den Landstrich lapidar. Dafür hätte es etwas Planung gebraucht, nicht
viel. Aber das blinde Vertrauen in die Militärkarten war in dem Fall ein Fehler.
Bis Cahilhas wollten wir gehen. Ab da mit der Fähre rübersetzen, das wäre es
gewesen. Als Fußgänger kann man nicht dichter an die Hauptstadt ran. Versucht
hatten wir das. Gescheitert sind wir am wuchernden Moloch der südlichen
Vorstädte Almadas, an Meter hohen stacheldrahtbewehrten Zäunen, an Straßen, die
noch keinen Weg in die Karten gefunden haben und schlussendlich am neuen
lichtdurchflutetem Bahnhof vom Coina. Acht Tage hätten wir noch Zeit gehabt, für
die letzten popeligen 15 km bis Lissabon. Aber direkt am Weg so ein Bahnhof,
unverantwortlich!
Sollten wir dort nochmals zu Fuß unterwegs sein,
würde es der direkte Weg über stark befahrene Straßen bis Palmela werden, dann
weiter zum nächstgelegenen Fährhafen. Das lässt sich in einem Tag schaffen, wie
ein Ehepaar aus der Schweiz nur wenige Tage nach uns bewiesen hat.
Der Herbst an Portugals Westküste war gemütlich.
Nachsaison eben. Die Touristen sind endlich weg. Das Geld ist verdient, wenn
nicht, lässt sich das nun auch nicht mehr ändern. Man freut sich auf ein paar
ruhige Monate, bevor der Trubel im nächsten Frühsommer erneut anläuft. Die
wenigen Reisenden in dieser Jahreszeit zehren von den Hinterlassenschaften und
der Infrastruktur der Hauptsaison. Noch ist alles da, wenn auch im Ausverkauf.
Bis auch das letzte „Residencial“ die Rollläden schließt, beim Lebensmittelladen
das Scherengitter für Monate ins Schloss fällt und die Straßen den Winterstürmen
und den wenigen wirklichen Einwohnern überlassen werden.
Morgens etwas Bewegung, nachmittags Zeit
totschlagen, so sahen unsere Tage aus. Rumlungern auf dem von der heißen
Nachmittagsonne warmen Mäuerchen, dass den Kirchplatz in Carrapateira
umschließt. Der Blick geht hinüber zum Hügel mit der Windmühle und zur Sandbucht
ganz weit hinten am Meer, die zu weit weg ist, um das Tosen der Brandung zu
hören. Lautlos brechen die meterhohen Wellen, die der starke Wind immer und
immer wieder ans Land treibt. In langen Fahnen reißt Gischt von den brechenden
Wellenkämmen, legt sich im Licht der tief stehenden Herbstsonne wie feiner
Bodennebel über die Bucht.
Die Rucksäcke in den Sand, an den Randstreifen, aufs
staubtrockene Gras stellen, Kramen nach der knisternden Dünnplastiktüte mit dem
trockenen Brot, dem Käse oder der Salami, deren Fettbestandteile sich in der
Mittagshitze selbständig machen. Dazu eine Wasserflasche mit lauwarmer Brühe. In
solchen Augenblicken konnte es nicht Schöneres geben. Vor uns der rauschende
Atlantik, über uns strahlend blauer Himmel. Wechselweise hinter uns nur zwei
Fußspuren, verwehende Reifenspuren einer Sandpiste, flimmernde Hitze über
schwarzem Asphalt. Einfach nur dasitzen und übers Wasser schauen mit dem
Bewusstsein, dass da vorne, wo das Wasser des Atlantiks schäumend am Strand
ausläuft, der alte
Kontinent endet.
Das Wetter im Oktober 2008 spielte auch mit. Wir
hatten eine halbe Stunde Regen, der Rest waren Sommer, Sonne, Wolkenspiele,
aufgepeppt von einem angenehmen Wind. Eben so, wie unsereiner sich den Herbst im
Süden vorstellt.
Die Reise im folgenden Frühjahr war anders, richtig
anders: brausender, straßiger, gradliniger und viel überraschender
(Anführungszeichen nach Bedarf, das ist der interaktive Teil).
Stürmisches und kaltes Frühjahr
(Lissabon) - Sintra – Ericeira – Santa Cruz – Óbidos
– Foz do Arelho – Nazaré - São Pedro de Moel – Figureira da Foz – Praia de Mira
– Costa Nova – Torreira –
Ovar – Espinho (15 km vor Porto)
So wie die Herbstwanderung geendet hatte, begann
diese: mit einem Planungsfehler und einer sich daraus ergebenden Zugfahrt. Die
ersten drei Stunden sind wir zu Fuß aus Lissabon raus. Zentrum, dann links rüber
ins Arbeiterviertel Benfica, auf die ellenlange Estrada de Benfica,
immer geradeaus, so lange, bis der Stadtplan enden
würde, dann der Wechsel auf die Militärkarten. Dumm, dass ich mich mit einem
flüchtigen „Wird schon passen“ begnügt hatte. 15 km vor Sintra fehlte uns eine
Karte. Straßenschilder? Fehlanzeige. Karten vor Ort? Kein Kommentar. Dann mal
wieder in den Zug. Neustart in Sintra.
Sintra ist schön. Unten ein paar Meter Gasse, eine Küche
mit angeschlossenem Palast, jedenfalls lassen die Küchenkamine keine andere
Deutung zu, oben auf dem Berg ein Phantasieschloss, eine maurische Festung
und die obligatorischen Kassenbuden. Über allem der
schützende und preistreibende Mantel eines Welterbes. Und überall Touristen.
Óbidos ist auch schön. Ein Nest auf einem
langgezogenen Hügelrücken. Drumherum eine zinnengekrönte Stadtmauer, vorne,
hinten und an der Seite die obligatorischen Stadttore, und ganz vorne auf der
Spitze eine Burg, ein Bild von einer Burg. Drinnen enge Kopfsteinpflastergassen
und kleine Häuschen mit windschiefen Fenstern. Über und hinter allem die
Stadtmauerwege, bei denen deutschen Sicherheitsbeauftragten nur der Wunsch nach
sofortigem Ruhestand eingefallen wäre. Óbidos hat es in jeden Reiseführer für
Tagesausflugjunkies geschafft, also mal wieder Touristen, auch um diese frühe
Jahreszeit.
Nazaré ist nicht so schön, trotz alter Frauen in
traditioneller Tracht und sauberen Strand. Auch dieses Nest ist in jedem
Reiseführer zu finden. In Nazaré war weniger los, eigentlich nix. Ein paar
Portugiesen und ein paar Spanier im Osterurlaub bevölkerten die Strandpromenade.
Schon die nächste Straße dahinter gehörte der im steifen Wind flatternden
Wäsche.
Figueira da Foz an der Mündung des Rio Mondego ist
auch nicht so der Brüller. Im Sommer möchten wir da nicht Urlaub machen müssen.
Trotzdem haben wir dort einen Ruhetag eingeschoben, denn der Sommeransturm war
noch weit. Vorne raus ein nicht enden wollender Strand, die Sandkörner nach
Farbe und Größe ausgerichtet. Hinten raus die berüchtigte Mittelhochhauskulisse
zu schnell gewachsener Urlaubsorte. Ab der zweiten Reihe ist das Städtchen
schön. Bürgerhäuser aus dem 19. Jahrhundert, Parkanlagen und genau die Menge
Abwechslung, die einen Pausentag zum Ruhetag mutieren lässt.
Costa Nova, das bei Aveiro, gehört auch zu den
Schönen. Farbenfrohe Streifenbemalung der Häuser, Palmen, Bars und
Restaurants zur windgeschützten Lagune. Dünen, Ferienhäuser und eine
Kirche zur stürmischen See raus. Geputzt, geschniegelt, gebügelt und eine unter
nächtlicher Lichtflut leidende Promenade. Costa Nova, also jenes bei Aveiro, hat
es auch in die Reiseführer geschafft, auch als Ziel für Tagesausflüge, denn am
Abend wären bestimmt die Bürgersteige hochgeklappt, hätte es den welche gegeben.
Das war der große Unterschied zur Herbstwanderung
entlang der südlichen Westküste. Dort unten fanden wir Nester, Käffer,
gelegentlich ein Dorf mit dem Hang zum Urlaubsmetropölchen. Nichts, was man
unbedingt gesehen haben muss. Dazwischen war man auf dem Land.
Zwischen Lissabon und Porto waren wir auch auf dem
Land, aber auf dichtbesiedeltem, und da sind eben ein paar bekannte Orte zu
finden. Sonst viele unendliche Straßendörfer und zu dieser Zeit verlassene
Weiler am Meer. Gesichtslose Nutzarchitektur war oft für Stunden, manchmal halbe
Gehtage unsere Begleitung.
An dieser Küste jedoch gibt es wirkliche
Sehenswürdigkeiten und Urlaubsorte, letztere bei weitem nicht in
Südküstendichte. Bekannte wie die da oben, unbekannte wie Praia de Santa Cruz.
Apartmenthäuser mit leeren Wohnungen bis zum Abwinken, aber nur ein Hotel mit
200 Betten, das wir uns mit einer handvoll anderer Gäste teilen konnten. Ostern
stand vor der Tür. Der Strand wurde gewienert, der Sand gesiebt, die
runderneuerte Promenade würde gleich ihre Bewerbung für „Sauberste Promenade der
Westküste“ abgeben. Ein Urlaubsziel für Portugiesen und Wochenendrückzugsgebiet
für Hauptstädter - aber erst ab Ostern.
Noch war niemand da, nur wir, und wir wurden vom
Wind durch die leere Hauptstraße getrieben, in der jedes zweite Geschäft noch
vernagelt war. In Dörfern wie Praia de Santa Cruz waren wir oft, die hießen dann
nur anders. Aber so geputzt wie im ersten wurde nirgends mehr.
Auch das unterschied diese Tour von der Herbstreise.
Damals profitierten wir von den Nachwehen des Sommers, Im Frühjahr, Ende März,
Anfang April war vieles noch zu. Die Vorbereitungen auf die Saison waren oft
noch nicht angelaufen. Unseren Kaffee in einer Bar haben wir aber immer
bekommen, der hatte dazugehört.
Erstaunlich für die doch relativ dicht besiedelte
Küste war, dass wir bis auf ganz wenige Kilometer nie auf eine Nationalstraße
musste. Von Sintra nach Nazaré war es ein Gewusel aus Straßen, Klippenwegen und
manchmal aussichtsreichen Kammwegen. Für vier Kilometer waren wir sogar auf
einem markierten Wanderweg unterwegs. Gelb-rot, einer von den lokalen
Kurzwanderstrecken, die in den letzten Jahren viele Küstengemeinden in den Sand
kloppen. Leider immer zu kurz, immer ohne Karte, immer ohne Infos, immer mit
einer Nummer oder einer Phantasiebezeichnung, und fast immer im Kreis. Einmal
standen doch tatsächlich Orte auf den Wegweisern. Sieh
an, geht
doch! Den haben wir dann auch genommen.
Straßentechnisch konnte das Frühjahr keine Schnellstraße bieten, dafür die
Estrada Atlântica – einen 35 km langen Radweg. Von Nazaré über
São Pedro de Moel bis nach Praia. Immer nach Norden, immer links neben
der Straße, immer geteert, immer dicht an der Küste, immer flach, immer
gleichbleibend breit, immer geradeaus (bis auf wenige Knicke), immer durch
Kiefernwald oder -gebüsch. Anfangs war die Fahrbahn noch rot eingefärbt, dann
straßengrau. Autos im Halbstundentakt. Morgens noch Radfahrer. Später blieben
auch die aus. Beim Blick nach vorne nur grauer Wolken verhangener Himmel,
stumpfes Grün, eine graue Straße, links daneben ein grauer Radweg, Sand. Beim
Blick zurück nur grauer Wolken verhangener Himmel, stumpfes Grün, eine graue
Straße, rechts daneben ein grauer Radweg, Sand. Da können streunende Hunde, eine
leere Haribo-Tüte oder der Mülleimerinhalt auf den in schöner Regelmäßigkeit
auftauchenden Rastplätzen mystische Bedeutung erhalten.
Der Weiterweg nach Figueira da Foz konnte naht- und
stimmungslos anschließen. Man muss sich nur den Radweg wegdenken und die breite,
sauber geteerte Straße durch eine schmale Schlaglochpiste ersetzten. Stur in
eine Richtung, manchmal Kilometer auf Kilometer, dann ein Knick oder Abzweig im
rechten Winkel, und alles wieder von vorne. Jedoch sollte der Höhepunkt noch
kommen, die Wege durch die Dunas de Quiados sollten alles in den Schatten
stellen.
Ein kurzer, steiler Anstieg raus aus Figueira da Foz
auf die erste Anhöhe seit Tagen, die vom Cabo Mondego, ein weiter Blick über die
Küstenebene, auf die besagten Dünen. Wir standen auf der letzten Anhöhe vor
Porto, 100 km weiter im Norden. Im diesigen Licht des Morgens war nicht viel zu
sehen: nur graues Atlantikwasser, ein schmaler Streifen schäumende Brandung und
grüner Kiefernwald – das aber bis zum Horizont. Die schnurgeraden Teerpisten
waren von da oben noch nicht zu sehen. Aber das es die geben musste war
unmissverständlich aus den 50.000er Militärkarten zu entnehmen. Nur in welcher
Form? Die nächsten
drei Blätter, die uns für die kommenden Tage begleiten sollten, waren uralt,
jedenfalls die Datengrundlage. Letzte Vermessung im Feld: 1948, letzte
Korrekturen mittels fotoplanimetrischem Verfahren: um die 1960er Jahre, letzte
Überarbeitung der Straßenklassifikation: 1968. So alte Karten hatten wir bis
dahin noch nicht gehabt, alle anderen waren auf ziemlich aktuellem Stand. Würden
wir uns zurecht finden? Wie sehen die Straßen aus? Sind aus den einspurigen
Straßen, die vor 40 oder mehr Jahren ein schlechte Oberfläche hatten (die
Militärkarten geben die Oberflächenbeschaffenheit an), Autobahnen geworden?
Heute wissen wir, dass sich in all den Jahren nichts
verändert hat. Straßen die vor 40 oder mehr Jahren einspurige Schlaglochpisten
waren, sind das heute immer noch. In den Dünen hat die Zeit hin und wieder eine
Pause eingelegt. Einzig die drei Strandsiedlungen haben einen halbwegs
erkennbaren Wandel erfahren, der Run ans Meer hat die Zufahrstraßen etwas
breiter werden lassen.
Stundenlang, zwei Tage lang, konnten wir gehen ohne zu
denken, ohne uns Fragen nach dem Weg stellen zu müssen. Keine Autos, bis auf den
Landrover der Polizei auf Kontrollfahrt. Die Höhepunkte waren rar gesät. Ein
junger schwarzer Hund, der unbedingt bei uns bleiben wollte, das Logo eines
Fußballclubs am bröckelnden Vereinshaus, die Betonstraßenschilder mit
verblassenden Entfernungsangaben, im Halbstundentakt rechtwinkelig kreuzende
Staubpisten auf dem Weg ans Meer oder vom Meer
Eine Wiederholung der herbstlichen Monotonie in der
Langversion? Nein, das hier war einsamer und viel überraschender. Unsere
Endeckung war mal wieder die Monotonie, das Gehen bis der Kopf leer war. Sich um
nichts kümmern zu müssen, keine Fragen nach dem Weg zu stellen.
Dabei haben wir Stranddörfer im tiefsten
Winterschlaf, die wenn es hoch kommt, einen Absatz im Reiseführer erhalten, für
uns erlaufen.
São Pedro de Moel an einem verschlafenen Sonntag im
April zu erleben, war schön. Gepflegt, verrammelt, nix los, obwohl die
Pflasterstraßen zugeparkt waren. Treffpunkt aller war der Marktplatz am Meer.
Zwei sonnenschirmgekrönte Stände an denen Popcorn verkauft wurde als Haupt- und
einzige Attraktion. Omas, Opas, Mamas und Papas, Kind und Kegel, Freizeitrocker
und Bügelfaltenhosenträger in trauter Eintracht versammelt in langen Schlangen
in Erwartung meterlanger Popcorntüten.
Praia de Vieira war schon etwas gespenstisch. Das
Verlangen nach dem allfälligen Kaffee hatte uns zur Strandpromenade geführt.
Kein Mensch war dort zu sehen. Nur ein paar einsame Autos auf viel zu großen
Parkplätzen, vor viel zu großen Apartmenthäusern mit runtergelassenen Rollläden.
Über allem eine Schicht nasser Atlantiksand. Nichts wie weg.
Einer der Höhepunke war sicherlich Pedrógão. Nicht
das Kleinstädtchen im Binnenland, das südlich Figueira da Foz gelegene Nest am
Atlantik ist gemeint. Aufkommender Regen und Sturm hatten uns ins Dorf
getrieben. Pedrógão gehört zu den Dörfer, bei denen schon am Ortseingang das
Gefühl aufkommt, alles gesehen zu haben. Wir waren uns schon nach wenigen
Minuten sicher: Hierher verirren sich nur Einheimische, nur die Auswanderer nach
Übersee, nach Frankreich, wenn sie der alten Heimat einen Besuch abstatten.
Meterhoch hatten die Winterstürme den Sand aufgeschüttet, über das niedrige
Mäuerchen getragen, das eben dieses verhindern sollte, und
anschließend bis in die hinteren Straßen verteilt. Bis auf zwei Bars war das
Nest verrammelt. Um uns herum geschlossene Rollläden, vergitterte Türen und
knirschender Sand. Die Scheiben der Touristeninformation waren blind vom Salz.
Das einzige „Residencial“ hatte in diesem Jahr die Türen noch nicht ein einziges
Mal geöffnet. Verlassenheit, Einsamkeit wohin wir schauten. Nicht ein schönes
Haus, kein Park, keine Palmen, nur die kümmerlichen Bäumchen an der Strandstraße
erinnerten im Zweihundertmeter-Takt an die Mühen der Gemeindeverwaltung. Mit
einem Wort: grottenhässlich.
Das Essen in der Strandbar war das schlechteste
bisher in Portugal – und sollte es auch bleiben. Trotz dicken Daimlers vor der
Tür, aufgedonnerten alten, schmalzigen Gigolo mit zu junger Begleitung, war der
Sprung von Mamas Küche zum Restaurant eine glatte Bauchlandung.
Durch Zufall kamen wir bei einem privaten
Zimmervermieter unter. Männerwirtschaft, Vater und Sohn. Es war eine unserer
besten und billigsten Unterkünfte in Portugal. Später am Tag hatte die Sonne
ihren großen Auftritt. Blauer Himmel, weiße Wolken, weißer Strand. Von Sonne und
Salz gebleichte Holzzäune als Mittel gegen den Sand. Auf den Felsen am
Ortseingang Angler mit langen Ruten, auf dem Mäuerchen darüber das
kommentierende Publikum aus alten Männern und
Freizeittotschlägern. Durch die sandverwehten Straßen kurvte hin und
wieder ein Auto, schlurften ein paar alte Frauen in schwarzer Kleidung auf dem
Weg zum Minimarkt.
Hier und da tat sich ein Fenster auf, wurde ein alter Stuhl in die Sonne
geschoben, das Leben konnte beginnen. Plötzlich war Pedrógão schön, wenn auch
immer noch ein verlassenes Kaff.
Auf dieser Wanderung waren es eben diese leeren,
sandverwehten Orte, die sich ins Bewusstsein geschlichen haben. Praia de Mira
gehört auch in diese Reihe. Bei der Ankunft hatte uns der Regen bis in den
frühen Abend ins Zelt getrieben. Danach raus an den unendlichen Strand. Da lagen
sie, die Fischerboote, die der Reiseführer versprochen hatte. Ein archaisches
Bild. Schwere Holzboote, acht oder mehr Meter lang, mit hölzernen Auslegern an
den Seiten zum Ausbringen der Netze. Ein alter ölverschmierter Traktor hatte die
Boote hoch auf den Strand gezogen. Daneben mit Netzen beladene rostige
Anhänger, die bis weit über die Achsen eingeweht waren. Kein Fischer würde bei
dem Wind rausfahren. Irgendwann würde der Sturm nachlassen, die Wellen nicht
mehr schäumend an den Strand donnern und der ölverschmierte Traktor mit der
vielfach übersetzen Winde würde seine Arbeit tun und die Boote ins
Meer ziehen. Den Bug hatten alle schon dorthin gerichtet.
Dann war da noch die Ria de Aveiro. Diese Lagune
begleitete uns zwei Tage. Links, oft nur wenige hundert Meer weg, die tosende
Brandung des Atlantiks, rechts die ruhige Wasserlandschaft der Ria, die sich mit
dem Gezeitenhythmus von einer Seen- in ein Rinnsal- und Tüpellandschaft
veränderte.
Direkt neben der einzigen Straße hölzerne,
wackelige Bootsstege mit halb abgesoffenen Kähnen, etwas weiter auf einem
kleinen Strand einige Moliceiros, die alten Holzboote der Tangfischer. Viele
Boote sind erstaunlich gut in Schuss, vermutlich für die alljährliche Regatta.
Bug und Heck sind weit hochgezogen, Platz genug für Bilder, die von der Dummheit
der Männer, den Kosten für die Frauen oder den Angebereien der Fischer erzählen.
Jenes oben erwähnte Costa Nova ist an dieser
Landschaft aus Brackwasser, Schilf, Sand und Schlick zu finden, ebenso Torreira.
An der ruhigen Ria mäßig geschäftig mit
einer Uferpromenade und 50 Meter Kneipenmeile. Am stürmischen Meer
unendlicher Strand. Promenade, Kneipen, Strandbar und Wind, Wind, Wind. Kaum ein
Mensch hielt sich am Strand auf, nur wir zwei und ein paar Kinder. Dazwischen
menschenleere Ferienhausträume im Stil der Sechziger und Siebziger. Nichts was
man gesehen haben muss, aber gut, das wir zu Fuß da waren, denn sonst hätten wir
es nie gesehen.
Nach Ovar ganz am Ende der Ria sind wir gegangen,
weil wir mal wieder Zeit im Überfluss hatten. An einem Sonntag war das. Ovar am
Sonntag ist so spannend wie die Hinterseite des Mondes. Aber Kachelhäuser gibt
es da, das glaubt man nicht. Azulejos, bunt, bunter, noch bunter, mit Muster,
ohne Muster, glatt, mit Struktur, mit und ohne Ecken, mit und ohne Facette. Mit
Malereien, die Geschichten erzählen, erfundene und wahre. Vielfalt ohne Ende,
leider nur an den alten Gebäuden. Irgendwann haben die Portugiesen aufgehört,
diese für ihr Land nicht ganz unbedeutende Kunst mit in die Gegenwart zu
nehmen. Kaum zu glauben, wenn man ihre oft sehr schönen neuen Bauten sieht.
Um Ostern 2009 waren das unsere Entdeckungen, sogar
die aus dem Reiseführer. Später im Jahr hätten wir das alles mit anderen teilen
müssen, mit Auto- und Bustouristen, mit extra aus den Urlauberhochburgen
angereisten Menschen und mit den unvermeidlichen Wohnmobilfahrern. Wir als
Fußgänger wären da glatt untergegangen. Allein schon der Betrieb auf den
Straßen, unvorstellbar, dann dort zu Fuß zugehen.
Das Wetter hatte gar nichts vom Süden. Von wegen
Sommer, Sonne, Sonnenschein. Kälte, Sturm und Regen waren für die zwei Wochen
unsere täglichen Begleiter. Nicht mal eben so ein bisschen Wind. Starker
Nordwestwind, der arktische Kälte mitbrachte, machte es unmöglich, längere
Strecken über den Strand zu gehen, trieb uns oft weit vor der frühen Dämmerung
in die Schlafsäcke, hat uns regelmäßig die Heizfunktion der Klimaanlage bis an
den Anschlag drehen lassen und den Kaffee oft mit Sand verfeinert. In diesem
Jahr hat es über Ostern in den Bergen der Serra da Estrala geschneit, sehr
zur Freude der Skiliftbetreiber. In den Nachrichten waren vor Begeisterung
strahlende Gesichter unter draufgängerisch die südländischen Stirnen zierenden
Skibrillen zu sehen. Portugiesen und Spanier im Wintersportrausch. Das alles
etwas mehr als 100 km von der Küste weg, noch keine 2.000 Meter hoch.
Fazit
Werden wir das wiederholen? Nein, nicht auf dieser
Route, denn das kennen wir ja nun zu Genüge; auch stehen jetzt andere
Wanderziele an, sogar über große Wanderrouten mit Wanderkarten und
Wanderbüchern. Irgendwann aber werden wir bestimmt wieder da unten sein oder auf
den Straßen eines anderen Landes.
Ja, es hat sagenhafte Längen geben, Tage an denen
uns das alles zum Hals raushing. Noch eine Gerade, noch ein Straßendorf, wieder
Sand, wieder Kiefernwald, erneut Teer, schon wieder ein mühsamer Sandweg. Schon
unterwegs ist das alles in den Hintergrund gerückt, im Nachhinein sowieso. Ein
Land zu Fuß entdecken, dahin gehen, wohin wir sonst aller Wahrscheinlichkeit nie
gekommen oder mit dem Auto achtlos vorbei gerauscht wären, war und ist Antrieb
genug. Dann war da noch was: Da zu gehen, wo sonst keiner geht, kann ganz schön
spannend sein. Nicht wegen Pionier oder ähnlichem Quatsch, einfach weil noch
nichts vorgekaut
ist und ungewiss ist, was hinter der nächsten Ecke kommt.
Gut, vermutlich hätten wir mehr gesehen, wären
schönere Wege gegangen, wenn wir alles bis ins Detail vorgeplant hätten. Aber
warum?
Uns haben diese beiden Wanderungen gezeigt, dass wir
fürs Wandern nicht zwingend Markierungen oder Wanderwege, Wanderbücher oder
Wanderkarten, gar einen Führer braucht. Zwei Füße, die Bereitschaft, alles zu
nehmen, was kommt und Überraschungen zuzulassen, reicht. Das Aufregen über
fehlende Schildchen im Wald oder ein paar Straßenkilometer halten nur vom
Entdecken ab.
Fotos und Titelfoto: Werner Hohn
Foto auf Seite 7: Wikipedia - Claus
Bunk, Hamburg
Unteres Foto auf Seite 11: Wikipedia
- Felix König
Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 30 - Dezember 2009
Die Algarve,
wild und wanderbar
Olivenhaine, stille Dörfer und beschipste Schweine:die Via Algarviana schängelt sich
über 300 Kilometer durch Portugals Süden.
Von Rüdiger Dilloo Clara, meine junge
Führerin, wirkt nervös. Alle paar Minuten schaut sie auf die Landkarte, suchend
in die Hügellandschaft, dann wieder auf die Karte. Vor einer Stunde sind wir im
Dorf Balurcos losgegangen, nun laufen wir schon recht lange auf diesem
rotsandigen Fahrweg in Richtung Südwesten, leicht auf und ab durch lichtes
Buschzeug und niedriges Laubgehölz, der Blick geht weit rundum, und Clara
zweifelt. Hätten wir nicht längst rechts abbiegen sollen? Haben wir ein Schild,
eine Markierung übersehen? Clara Carvalho kennt die Via Algarviana eigentlich
gut. Seit sie ihr Ökotouristik-Studium beendet hat, arbeitet sie im
Organisationsbüro des neuen Wanderwegs durch die Algarve. Sie hat am
Routenführer mitgeschrieben. Auf fast allen 14 Tagesetappen der gut 300
Kilometer langen Strecke war sie schon unterwegs - nur dieses Teilstück kennt
sie noch nicht. Fairerweise hatte sie das beim Aufbruch klargestellt. Außerdem
hätte ich auch selbst auf die Markierungen achten können. Die Wanderführerin holt
ihre Wasserflasche aus dem Rucksack. Ihr blaues T-Shirt ist am Rücken
durchgeschwitzt, ihre dunklen Augen unter dichten schwarzen Brauen schauen
besorgt. Sie tut mir ein bisschen leid. Da hinten, meint sie, ist das nicht ein
Pfad zwischen den Büschen? Könnte der richtige Weg sein; könnten wir
das Stück zurückgehen? Kein Problem, Clara, kein Problem. Der Umweg zieht sich,
bringt aber nichts. Der Pfad führt ins Nirgendwo. Keine Markierung. Clara will
noch bis hinter die nächste Biegung laufen und schlägt mir vor, hier zu warten.
Ich setze mich unter einem Baum in den Schatten. Die Luft steht. Es ist heiß in
Südportugal, Ende Oktober. An den Stränden von Faro und Albufeira kühlen sie
sich jetzt vermutlich im Atlantik ab, gerade mal 60, 70 Kilometer Luftlinie von
hier. Trinken Caipis und flirten an der Bar. Aber die Algarve kann auch anders.
Deswegen bin ich hier. Als ich am Vorabend in Faro ankam, war es schon dunkel. Flipflops und Bermudas, Reihen professioneller Abholer mit Namensschildern, Blickkontakt mit den Ankommenden suchend - der Flughafen der Provinzhauptstadt ist ein typischer Ferien-Airport. Nach einer Stunde Autofahrt durch nachtschwarzes Hinterland war ich in Alcoutim, wo die Via Algarviana beginnt. Im Speiseraum des Hotels tafelte eine große, laute, unterhaltsam zu beobachtende Gesellschaft von Portugiesen, Herren in Flanell und Cashmere, Damen in Armani-Jeans und weißen Blusen, gekämmte Kinder. Der Ober informierte den einzigen Außenseiter: An diesem Wochenende fange die Jagdsaison an, Kaninchen und Wildschweine vor allem, große gesellschaftliche Sache hier. Soso. Und mittendrin ein Wanderer, unbewaffnet? Ich aß Stockfisch mit Rührei und Kartoffeln, schwemmte das gerühmte Regionalgericht mit etwas viel Rotwein hinunter und träumte dann schwer. Irgendwas von einer Wildsau in orangefarbenem Ganzkörperanzug. Der Morgen war
überraschend. Bisher hatte ich praktisch nichts von der Umgebung gesehen, nun
stand ich auf dem Balkon und schaute auf einen stattlichen Fluss zwischen
sonnverbrannten Hügeln, weit gewunden, träge strömend, ich dachte ans Maintal
nach dem Klimawandel. Segelboote ankerten an grünen, unverbauten Ufern, zwei
Kähne mit Netzen und Tonnen an Bord tuckerten leise stromaufwärts, und über dem
jenseitigen Ufer ging die Sonne auf. Dort drüben war Spanien: Ich stand am
Grenzfluss Rio Guadiana. Er fließt von Kastilien 720 Kilometer weit bis in den
Golf von Cádiz und spielt, bevor er dort mündet, in der Algarve-Provinz seine
Rolle als Grenze zu Spanien. Es gefiel mir, dass die Via Algarviana hier
beginnt: Wandern von der Landesostgrenze bis zur Südwestspitze Cabo de São
Vicente, dem Landesende - das Routenkonzept schien logisch. Fünf Tagesetappen
hatte ich vor zu gehen, die Abschnitte am Anfang und am Ende der Route und drei
Teilstrecken mittendrin. Ein netter alter VW fuhr vors Hotel. Eine junge Frau
stieg aus. Blaues T-Shirt, Tagesrucksack. Clara
Carvalho kommt zurück, schüttelt den Kopf und setzt sich zu mir in den Schatten.
Wir schauen wieder auf ihre Karte - eine quadratmetergroße, aus dem Weltraum
fotografierte “Satmap“ in verwirrend riesigem Maßstab - und sind uns schnell
einig: Jetzt folgen wir stur dem rötlichen Fahrweg, seine Richtung stimmt auf
jeden Fall. Keine zehn Minuten vergehen, dann leuchtet Clara auf. Da vorn, auf
dem großen Stein! Weiß und rot, zwei waagerechte Farbbalken - das Kennzeichen
der Via Algarviana. Umwege, Sorgenfalten, hätt's alles nicht gebraucht. Die
Markierungen sind vielleicht ein bisschen spärlich, aber irgendwann kommt die
nächste schon, man kann sich drauf verlassen. Gut so, denn menschliche Wegweiser
trifft man selten: Erst nach Stunden begegnen wir Leuten im ersten Dörfchen an
der Strecke, Palmeira. Zwei Dutzend niedrige Steinhäuser, schläfrige Katzen,
gackernde
Hühner. Kein Motorgeräusch, große Ruhe. Aus ihrer Haustür schaut skeptisch eine
alte Frau, auf die Clara allerfreundlichst zugeht. Sie reden, ich verstehe kein
Wort; ihr Portugiesisch kommt mir härter vor als das auf meinen
Bossa-nova-Platten. Als wir weitergehen, sagt Clara: „Die Leute in diesen
Dörfern sind ein bisschen fremdenscheu. Ich hab die Frau gefragt, ob sie
Wanderer gesehen hat. Sie sagte, drei in der letzten Woche.“ Landflucht ist ein Problem im Hinterland der Algarve. Die Jungen gehen fort - an die Touristenküste oder gleich nach Lissabon. Die traditionelle kleinräumige Selbstversorger-Landwirtschaft - Garten, Äckerchen, Hausschwein, Olivenhain - stirbt aus. Wir wandern an vielen aufgegebenen, überwucherten Nutzflächen vorbei. Im weißen Steinbett eines trockenen Baches hütet ein dürrer alter Mann eine Herde Schafe. Grinst wortlos herüber unter seinem Schlapphut aus Jeansstoff, der aussieht, als hätte er circa 1970 seinen Weg von einer der ersten Strandboutiquen hier herauf gefunden. Furnazinhas, unser Zielort an diesem Tag, ist ein größeres Dorf mit Durchgangsstraße und schön renovierten Gassen und Hausfassaden - aber auch hier gibt es keinen Laden mehr und nur eine einzige, verschlossene Taverne, deren ältliche Wirtin man erst mal auftreiben muss. Am Spätnachmittag kommt allerdings Leben in den Ort. Auf dem Platz hält ein weißer Kastenwagen, der dicke Fahrer kugelt heraus, legt, fröhlich rufend, Planen aufs Pflaster und sortiert darauf erstaunlich schnell erstaunliche Mengen von Ess-, Textil- und Haushaltswaren, zuvörderst, zur allseitigen Gaudi, XXXL-Packungen von rosa Klopapier. Links im Schatten der Häuser lehnen alte Männer, rechts alte Frauen, mit ihren brüchigen Stimmen scherzen sie hin und her. Jüngster Mensch der Szene ist, außer Clara, der fliegende Händler. In den Caldas de Monchique badeten schon Portugals Könige Das Projekt Via Algarviana ist auch ein Versuch, dem geriatrischen Hinterland der Bikini-Algarve wirtschaftlich unter die Arme zu greifen, ein Wanderweg als Gehhilfe im Doppelsinn. Die Idee gibt es seit 1994, fast anderthalb Jahrzehnte dauerte die Realisierung. Der Antreiber von damals bis heute heißt João Ministro. Er begleitet mich auf der Etappe am nächsten Tag. João ist ein großer, muskulöser Mann Ende 30, Umweltaktivist und Vogelkundler, früher war er portugiesischer Profi-Basketballer. Wir laufen von Barranco do Velho nach Salir, der sechste Abschnitt der Strecke. Bis das alles so weit war, die ganze 300-Kilometer-Route ausgetüftelt, in Tagestouren von 15 bis 30 Kilometern portioniert, bis alle 14 Teilstücke zusammengenäht, Wegerechte geklärt, Herbergen gefunden und Sturköpfe weichgeklopft sowie, vor allem und immer wieder, die nötigen Gelder zusammengesucht waren, in Brüssel, Lissabon, in Kreisstädten und Dorfrathäusern - es muss eine Monsteraufgabe gewesen sein. Monströs, aber nicht ohne Komik, so wie João Ministro davon erzählt. Wir gehen vom Dorf Barranco do Velho hinauf in die Serra. Das Wort für Gebirge bezeichnet hier den Höhenzug, der die Algarve zur Nachbarprovinz Alentejo im Norden begrenzt. Auf 515 Metern ist der höchste Punkt, wir steigen durch lockeren Kiefern- und Korkeichenwald und sind bald oben. Der dicke Rundturm einer stillgelegten Windmühle schaut dort aus kleinen Fensteraugen übers Hügelmeer und ahnt im Süden die See. Die Flügel sind abgebaut, aber das weiß gekalkte Bauwerk hat ein neues Blechdach und wirkt gut erhalten. João verhandelt zurzeit mit dem Besitzer: Der Mühlenturm hier oben wäre ein traumschöner Übernachtungsplatz für die Via-Algarviana-Wanderer. „Ich führe Vorgespräche zu den Vorverhandlungen“, spöttelt er, als ging's um Nordkorea. Joãos Basis ist die Umweltschutzorganisation Almargem, die für Kulturerhalt und Ökotourismus an der Algarve kämpft. Wer die Bettenburgen von Albufeira und Faro und die Monokulturen der Golfklubs dazwischen gesehen hat - 14 Plätze auf 25 Küstenkilometern -, der weiß, warum. „Manchmal“, sagt João Ministro, „werden wir ziemlich laut.“ Bald nach der Gipfelmühle senkt sich der Weg hinunter ins Barrocal, die fruchtbare Talregion der Algarve zwischen Serra und Litoral, dem Küstenland. Es wird wieder heiß. Über einem engen Canyon kreist im Aufwind ein Schwarm großer Vögel. „Geier!“, ruft João erfreut. Er mag Geier. 30, 40 Jungtiere, meint er, die ziehen jetzt von Gibraltar her nach Norden. Sind noch ein bisschen dumm und schnell erschöpft, rasten hier in der Algarve und erschrecken schon mal jemanden, wenn sie frühmorgens auf dem Fensterbrett hocken. Zwei junge Männer auf Mountainbikes kommen uns entgegen. Doch, das geht, sagt João. Stellenweise nicht einfach, aber man kann die Via Algarviana auch mit dem Rad machen. Eine Schlange raschelt uns aus dem Weg. Im Unterholz liegt ein Schafkadaver, Vogelfreund João freut sich wieder. In einem Hohlweg zwischen Trockensteinmauern, so breit wie ein Eselskarren, in Jahrhunderten tief eingespurt durch Mensch und Vieh, bückt er sich schnell nach einem Insekt und setzt es auf seine Handfläche, was ich bisher nur von Bildern kenne: Louva deus. Die Gottesanbeterin, hellgrün, typische Haltung, schaut frech, irgendwie. Man weiß ja, nach dem Sex frisst sie ihren Gatten. Meine dritte Etappe, von Salir nach Alte, bleibt im Barrocal. Die Ackerflächen werden größer, die Dörfer belebter. Zu jedem Haus gehört ein kleines, dünnes, mutiges Hündchen, manchmal kläffen auch zwei oder fünf und schimpfen, als ging's ums Leben. Aber fürchten, ihr Tölen, tu ich euch nicht. Gänse, Ziegen, schwarze Schweine. Mandel-, Feigen-, Quittenbäume. Oliven und Johannisbrotfrüchte liegen unter Baumskulpturen ehrwürdigen Alters und werden, so scheint es, nicht geerntet. Weit außerhalb eines Dorfes arbeitet eine vielleicht 65-Jährige mit Kopftuch und Kittelschürze auf ihrem Feld. Hoch ausholend, hackt sie Löcher in die steinige Erde und legt Saubohnen hinein. Viele Löcher, lange Reihen. Ihr Mann steht dabei, krumm auf zwei Stöcke gestützt, hin und wieder lächeln sie sich an. Ich mache Mittagsrast auf der schattigen Praça von Benafim. Am Nebentisch wendet sich ein Weißhaariger - kühner Schnurrbart, keine Vorderzähne - zu dem seltenen Fremden und erzählt in gutem Englisch von seinen großen Jahren, in Afrika. Angola, Mosambik, Guinea! Die Kolonien, Weltreich Portugal! Dann schaut er resigniert ins Bier. Erlebe ich soeben saudade, das grundtraurige portugiesische Nationalgefühl? Tag vier. Ich habe die nächsten drei Etappen der Via Algarviana übersprungen und bin morgens in Monchique verabredet, einem Städtchen am Südhang der Serra. Hier bin ich im höchstgelegenen, steilen und zerklüfteten Teil der Algarve; der Berg Foia, direkt über der Stadt, erreicht 940 Meter. Wenig unterhalb von Monchique springen heiße Heilquellen aus dem Vulkangestein, die haben den Ort berühmt und wohlhabend gemacht. In den Caldas de Monchique badeten schon Kelten und Römer, Portugals Könige, Portugals Salazar. Gestern Abend, Spätherbst 09, wärmte und weichte der Wanderer seine Muskeln darin auf, dinierte und logierte klassisch im schönen alten Thermalhotel und imaginierte Thomas Mann unter der Leselampe im Salon. Treffpunkt mit Lucio Feio, einem der besten Kenner dieser Gegend, ist die Galp-Tankstelle. Am unteren Ortseingang, gleich hinter dem Granitsteinbruch. Der beste Granit der Welt, Japan hat ihn für die Fassade der Staatsbank in Tokyo bestellt! Der Mann legt sofort los mit Heimatstolz und Faktenwissen, kaum dass wir in seinem ramponierten Geländewagen sitzen. Lucios Eltern hatten zwei Kramläden und eine Taverne im Ort; als Junge hat er per Fahrrad Nägel, Seife, Malzkaffee und dergleichen zu den Bauern bis in die verstecktesten Schluchten geliefert, jetzt nutzt er die Ortskenntnis als Anbieter von Sportausflügen: Klettern, Biken, Wandern, Kanu. Paintball. Das Wetter schlägt um, es wird neblig und kalt. Lucio platziert die Sonnenbrille auf seiner Baseballkappe und zieht eine Daunenweste an. Wolken schieben sich herunter bis zu Monchiques oberen Häusern. Ich habe nichts dagegen, heute mehr zu fahren als zu laufen. Auf abenteuerlichen Weglein balanciert uns Lucio im Auto über Wurzelstock und Hinkelstein, deutet, zeigt, erklärt. Dort die Korkeichen, von unten her geschält bis in halbe Höhe: Nur alle neun Jahre darf geerntet werden, sonst stirbt der Baum, die weiße Ziffer markiert den Termin. Portugal ist weltgrößter Korkproduzent, ein kleiner Korkwaldbesitzer von Monchique kann 5000 Euro im Jahr machen, wenn er gut wirtschaftet. Aber die neuen Plastikkorken im Weinhandel, die verderben alles. Vorsicht vor den reifen Baumerdbeeren! Sie sind alkoholisch Von einem hohen Strauch zupft Lucio ein paar rote Früchte und
hält sie mir hin: Sie sind kugelig, genoppt, etwas kleiner als Tischtennisbälle.
Vom ersten Tag an sah ich sie auf meinem Wanderweg immer wieder. Kannst du
essen, sagt Lucio, das sind Medronhos, portugiesische Baumerdbeeren. Sie
schmecken, tja, nicht gerade wie Erdbeeren, aber gut, süß, würzig, leicht
vergoren - hey, sagt Lucio, nicht zu viel auf einmal, die ganz reifen sind
alkoholisch! Die Bauern machen Medronho-Schnaps daraus und die Wildschweine
Unsinn, wenn sie zu viel davon fressen. So
redet Lucio, während wir immer höher kurven. Auf dem Foia-Gipfel heult der Sturm
über den leeren Parkplatz, zerrt an Funkmasten und Kioskdächern. Die Sicht ist
gleich null. Von dort kommt die Via Algarviana herauf, schreit Lucio und deutet
in die Suppe. Und dort kann man das Meer sehen! Aber nicht heute. Ich sehe das Meer am
nächsten Tag, beim Finale am Atlantik. Ich laufe auf der letzten Etappe der Via
Algarviana von Vila do Bispo nach Cabo de São Vicente. Die Sonne ist wieder da.
Das Farmland wird flach und baumlos, Kühe und Schweine weiden, aber kaum ein
Mensch ist zu sehen. Auf einem leeren Acker liegt ein toter Storch.
Strandkiefern, Sanddünen, die Luft wird salzig. Aber wo bleibt das Meer, wo ist
es? Noch liegt kilometerweit nur Land vor mir. Portugals Südwestspitze, das
mythische Kap, an dem die Seefahrthelden des 15. Jahrhunderts zum letzten Mal
die Heimat sahen, bevor sie ins Ungewisse segelten, nach Afrika und Indien,
Japan und Brasilien - Cabo de São Vicente ist eine Steilküste, 30 senkrechte
Meter hoch. Und das Meer zeigt sich dem Wanderer erst, wenn er direkt darüber
steht. Dort aber steht er, natürlich, nicht allein: Busse, Autos,
Menschenmassen. Souvenirs, Limo, Zuckerwatte. Und eine Imbissbude mit
Riesenreklameschild auf Deutsch: „Letzte Bratwurst vor Amerika!“ Die gemalte
Wurst zwinkert auffordernd, und ich glaube fast, dieser ganze Stuss gefällt mir,
nach den menschenfernen Wandertagen im Reich der beschwipsten Wildsau.
Anreise: Flug nach Faro beispielsweise mit TAP Portugal oder Ryanair. Zum Beginn der Wanderstrecke in Alcoutim mit Leihwagen oder Hotel-Abholdienst Unterkunft: Hotels im Hinterland sind spärlich. Empfehlenswert zum Beispiel Guerreiros River Hotel, 8970-025 Alcoutim, Tel. 00351-281/54 01 70, www.guerreirosdorio.com, DZ ab 70 Euro, Alte Hotel, 8100-012 Alte, Tel. 00351-289/47 85 23, www.altehotel.com, DZ ab 44 Euro, Villa Termal de Monchique, 8550-232 Monchique, Tel. 00351-282/91 09 10, www.monchiquetermas. com, DZ ab 95 Euro Wanderungen: Vom 20.3. bis 2.4. 2010 bietet Almargem die Gruppentouren an. Kosten pro Tag 7,50 Euro für die Organisation. Kontakt: João Ministro,Tel. 00351-289/41 29 59, www.almargem.org. Bei individuellen Wanderungen müssen Übernachtungen und Provianteinkauf geplant werden Literatur: »Via Algarviana«, (Wanderführer portugiesisch/englisch), www.viaalgarviana.org, Tel. 00351-289/41 29 59 Auskunft: ICEP Portugal Touristikamt, Tel. 0180-500 49 30, www.visitportugal.com.
Erschienen in Nr. 48 - 19. November 2009
mit freundlicher Genehmigung der Reisen-Redaktion und des Verfassers
Eindrücke
vom Caminho Português
Von Werner Hohn
Im Frühjahr 2008 bin ich recht
spontan, wenn man es genau nimmt - von heute auf morgen - den Camino Francés von
Pamplona bis Santiago de Compostela ge-gangen. Wer es noch nicht mitbekommen
hat: das ist DER spanische Jakobsweg. Bis auf den Kauf eines schmalen Büchleins,
war keine Vorbereitung nötig. Verlaufen kann man sich dort nicht. Wie einige
andere Menschen auch, war ich dort nicht als Pilger unterwegs, sondern als
Wanderer, schließlich ist der Camino gleichzeitig auch der Europäische
Fernwanderweg E3. Leider weiß das so gut wie niemand.
Im
Anschluss bin ich weiter bis Finisterre gegangen. Zwei Tage später habe ich mich
in den Bus gesetzt und bin nach Porto gefahren, wohin meine Frau mit dem
Flugzeug angereist war. Als Abschluss meines mehrwöchigen Aufenthalts auf der
Iberischen Halbinsel wollten wir gemeinsam über den Caminho Português/Camino
Portugués wandern – erneut bis Santiago. Auch dieser Caminho wird in Teilen als
ein Europäischer Fernwanderweg geführt: als E9. Klar, auch das weiß niemand
trotz der Wegweiser und Infotafeln, die gelegentlich auftauchen. Für meine Frau
war das der erste Camino. Für mich nach der Vía de
la Plata der dritte.
Was nun folgt ist kein
Pilgerbericht, was den einen oder anderen vielleicht wundern wird, aber wir sind
tatsächlich gewandert. Darüber wundern sich noch nicht mal die Mitarbeiter im
Pilgerbüro in Santiago, denn für Leute wie mich halten die anstatt der
Pilgerurkunde sogar eine „Sporturkunde“ vorrätig, in der sich das Pilgerbüro
bedankt, dass man zur Kathedrale gewandert ist.
Donnerstag, 29. Mai 2008 Na
ja, immerhin ein Anfang
Etappe: Porto - Rates
Tageskilometer: 36
Gesamtkilometer: 36
Unterkunft: Gemeindeherberge
in Rates
Meter summieren sich zu
Kilometer, Minuten zu Stunden. Nur langsam lichten sich die geschlossenen
Häuserzeilen der Vorstädte, machen Platz für ein klein wenig offenes Land. Platz
und Raum für flüchtige Blicke auf brach liegende Äcker, in deren Furchen sich
der Müll sammelt; auf Bauruinen, die von rostigen Gerüsten umklammert werden;
Platz für wirr und planlos in die Stadt laufende Hochspannungsleitungen. Porto,
die Hafenstadt am Atlantik, will nicht enden.
Wir
sind alleine unterwegs. Sollte es noch andere Wanderer - nein, heutzutage
pilgert man - hierher verschlagen haben, bedienen die sich bestimmt einer der
vielen Buslinien, die nach Norden aus der Stadt rausführen. Oder der Metro,
deren Endstation im Pilgerbuch extra erwähnt wird. Wir nicht, auf keinen Fall.
Wir gehen alles zu Fuß. Wir nehmen handtuchbreite Seitenstreifen, schmale
Bürgersteige, schäbige Industriewege und Asphalt, Asphalt, Asphalt.
Noch ein paar
hässliche Industriegebiete mit noch hässlicheren Blech- und Betonhallen,
ausufernde Schrottplätze und kleine Bars, vor deren Türen staubige rote
Plastikstühle um Gäste werben. Weiter, weiter. Die Kilometer entlang der
Einfallstraßen wollen nicht enden. Straßen, über die unaufhörlich Autos in die
Stadt rollen, die sich hinter den langsamen Traktoren, den stinkenden Mofas kurz
aufstauen, um bei freier Fahrt hektisch den Weg fortzusetzen. Hier draußen, im
industriellen Speckgürtel, ist Porto austauschbar. Irgendwo in Europa muss ein
Masterplan mit Gestaltungsvorschlägen für hässliche Stadtränder die Runde
machen. Porto hat zugegriffen, zweifellos.
Porto ist zäh, unglaublich
zäh. So schnell gibt die Stadt den Weg nicht frei. Noch eine
Industrieansiedlung, noch eine Kreuzung mit einer Ampel, noch ein Autohaus, dann
endlich: die geteerte Straße geht in ein kleines Kopfsteinpflastersträßchen
über, wir sind raus, haben es geschafft, Porto liegt hinter uns. Dass wir uns
dabei einmal verlaufen haben, war dank der spanischen Wegbeschreibung
kein Problem. Immerhin war es abseits etwas ruhiger.
In Araújo war das passiert.
Auf einer Steinbank vor dem Kirchlein saßen zwei spanische Pilger, die in die
Blasenpflege vertieft waren. Auf diesem Weg kann man nicht grußlos vorbeilaufen.
Woher? Oh, in Lissabon gestartet. Wohin? Das hängt von den Blasen ab, wohl nicht
mehr weit. Wie lange schon? Nicht ganz vier Wochen, man lässt sich Zeit.
Kurz vor uns sollen zwei
Deutsche sein, wenn wir uns beeilen, würden wir die einholen. Wollen wir das?
Eigentlich nicht. Dann haben wir uns eben verlaufen und dabei unbemerkt unsere
Landsleute überholt.
Die haben uns dann während der
Kaffeepause eingeholt. Meine Güte, die Welt ist klein. Die beiden Rentner kommen
aus unserer Heimat. Später überholen wir noch zwei Deutsche, die kommen aus dem
Pott. Dann zwei Frauen, die eine aus Frankreich, die andere aus Deutschland.
Noch später eine Dreiergruppe, wieder aus Deutschland. Wir alle sind heute in
Porto gestartet, aber nur meine Frau und ich haben den Weg aus der Stadt zu Fuß
gemacht. Der Rest hat die Metro oder den Bus raus aus der Stadt genommen. Der
Weg der Deutschen? Wollen wir das überhaupt? Gemeinsam unterwegs sein
in einem fremden Land, aber mit unseren Landsleuten? Wir gehen zwar nicht
zusammen, werden jedoch vermutlich jeden Abend in den Unterkünften immer wieder
auf dieselben Leute treffen. Auf diesem Weg ist das anders als auf dem Camino
Francés, hier sind so wenige unterwegs, da kann man sich nicht aus dem Weg
gehen. Trotz aller Sympathien, trifft das wirklich unsere Vorstellungen?
Ruhiger,
„landschaftlicher“, schöner wird der Weg, je weiter wir Porto hinter uns lassen.
Kopfsteinpflastersträßchen lösen sich mit Feldwegen ab. Immer öfter wandern wir
durch Weinberge, gelegentlich auch unter Weinreben. Landschaftsbilder für den
Prospekt einer Weinkellerei. Grüne, hoch aufschießende Weinreben hangeln sich am
Draht entlang und bilden ein Dach, das von grob behauenen Granitpfählen getragen
wird. Dazwischen verstreut namenlose Dörfer, die sich meist nicht weit von der
Durchgangsstraße wegtrauen.
Wenn
nur nicht dieser unselige Hang der Südländer zum Einzäunen und Ummauern des
Eigenen wäre. Was mein ist, da kommt eine Mauer drum. Wenn’s zu groß ist oder
das Geld zu knapp, dann wenigstens ein Zaun. Immer und immer wieder müssen wir
auf schmale Straßen, die beidseits von Steinmauern begrenzt werden. Wir sind
schon glücklich, wenn noch Platz für einen Graben gelassen wurde. Besonders in
den vielen nicht einsehbaren Kurven stehen wir mehr als einmal im Graben oder
pressen uns dicht an die Mauer.
Versöhnlich zeigt sich der
Abschluss. Eine kleinteilige Ackerlandschaft aus sanften mit Wein und Wald
bewachsen Hügeln, Wiesen und Feldern nimmt den Camino auf. Endlich kein Verkehr,
keine Mauer, kein Asphalt. Und endlich mal wieder eine Herberge. Nach vier
Nächten im Hotel und Privatzimmern haben wir die Herbergen vermisst.
Wie erwartet, treffen nach und
nach alle ein, die wir auf dem Weg getroffen haben. Nur das deutsch-französische
Pärchen und die zwei Spanier mit den Blasen sind nicht gekommen. Dafür ein
spanisches Ehepaar aus den Pyrenäen. Die beiden haben in Coimbra, der alten
Universitätsstadt, angefangen und freuen sich, dass sie jemand zum Reden
gefunden haben. Er jedenfalls.
Bis
spät in die Nacht sitze ich dann doch mit den beiden Rheinländern aus meiner
Heimat in der Küche und palavere. Das Rheinland in Bestform. Geschichten,
Erzählungen, Erlebnisse mit einem Augenzwinkern. Geschichten, die so richtig
wahr nur zwischen den Zeilen sind. Das wohlige Gefühl von Heimat macht sich
breit. Bin ich, sind wir, dafür bis an den Rand Europas gereist? Morgen müssen
wir darüber reden, meine Frau und ich.
Die liegt schon lange im Bett.
Es ist ihre erste Pilgerunterkunft. Das Bett ist ein ausgemustertes Stockbett
aus einer portugiesischen Armeekaserne. Etwas schmal und für die, die oben
schlafen, etwas wackelig. Meine Frau hat den Tag klaglos überstanden. Nicht nur
den Regen, der uns unter ein schützendes Vordach in Arcos gejagt hat, das
innerhalb einer Viertelstunde in den Wassermassen versank. Auch die 36
Kilometer, die tatsächlich nicht zu den schönsten gehören – jedenfalls nicht die
ersten –, hat sie klaglos überstanden. Frauen können das besser als Männer -
vermutlich.
Freitag, 30. Mai 2008 Im
190-er Land
Etappe: Rates – Barcelos
Tageskilometer: 16
Gesamtkilometer: 52
Unterkunft: Hotel
Die junge Frau hinter der Glastheke der
Bäckerei ist total überfordert, denn neben den Einheimischen haben sich die
Gäste der Herberge für den morgendlichen Kaffee hier eingefunden. Nach und nach
haben sich alle durch die klemmende Tür gequetscht und warten nur auf ihren
Kaffee, ihr Brot oder darauf, überhaupt ihre Bestellung aufgeben zu können.
Massenandrang, Stau, verursacht durch uns. Neun Menschen, die ihren Kaffee mit
Milch haben wollen, die sich nicht auf den landesüblichen Kaffee, also schwarz,
einstellen wollen. Neunmal wandern die Tassen unter die Milchdüse. Neunmal
schäumt die heiße Milch mit gurgelndem,
zischendem
Geräusch in die Tassen. Neunmal wird die Milchdüse abgeputzt. Neunmal wandert
die Frau von der Kaffeetheke zur Brottheke und gibt das Wechselgeld raus. Es
staut sich, die ersten Stammgäste fangen an mit dem Kopf zu schütteln. Nicht
über die junge Frau, über uns, über die Deutschen, die ihren Kaffee immer mit
Milch haben wollen.
Sie müsste nur ein ganz klein
wenig ihren Arbeitsablauf umstellen, etwa zwei Tassen gleichzeitig unter den
Kaffeeauslauf stellen, und schon würde es laufen. Das hat sie noch nie gemacht,
jeder kann das sehen. Das wird sie auch nie machen. Wenn die Deutschen mehr
Effizienz wollen, sollen sie den Kaffee schwarz trinken. Für die paar Touristen
wird sie ihr Leben nicht umstellen. Sobald der letzte Drängler die Tür von außen
hinter sich zugezogen hat, geht hier alles wieder seinen gewohnten Gang. Der
Fernseher wird endlos laufen, die ein, zwei Gäste an der Theke werden diesem
ihren Rücken zukehren
und im längst erkalteten Kaffeesatz rühren.
Hier gehen die Uhren anders,
langsamer, trotz der immer noch nahen Industriestadt Porto, trotz EU und trotz
moderner Architektur, die hie und da vom Anbruch der hektischen Zeit kündigt. An
diesem Morgen kommt uns das sehr entgegen. Wir wollen nur bis ins nahe Städtchen
Barcelos. Im Vergleich zum vergangen Tag ist das mal eben um die Ecke. Wir
müssen nicht eilen, können uns Zeit lassen. Anhalten für Bilder und Eindrücke,
die wir nur aus alten Filmen und verblassenden Fotos kennen.
Auf
einer Wiese wird mit einem hölzernen Rechen das Gras zu niedrigen Heuhaufen
geschichtet. Auf dem nächsten Acker ein Bild aus der Frühzeit des
landwirtschaftlichen Maschineneinsatzes. Beaufsichtigt von einem alten Bauer,
schieben Männer vorsintflutliche Sämaschinen übers Feld. Immer nur eine Furche,
immer wenn der metallene Sporn des Särads den Boden berührt, fällt ein Korn.
Fünfzig Meter das Feld runter, fünfzig Meter wieder zurück, dann muss
nachgefüllt werden. Bilder aus längst vergangenen Zeiten werden hier lebendig.
Die Männer sind mit dem
Fahrrad und einem alten Moped gekommen, das am Feldrand steht. Nur der alte
Bauer ist mit dem Auto aufs Feld gefahren. 190E leuchtet es chromblitzend von
der Heckklappe. Mindestens 20 Jahre hat der Wagen auf dem Blech, und er ist
erstaunlich gut erhalten. Man sieht diese Autos im nördlichen Portugal oft.
Autos, die viele für den letzten echten Mercedes halten. Autos, die bis ans Ende
der Zeit fahren werden. Bei uns will so was keiner mehr. Nicht zeitgemäß,
Technik aus dem letzten Jahrtausend, nicht schnell genug. Eben alt. In diese
Landschaft passt der 190-er. Wer
weiß schon, wie die Autos alle hierhin gekommen sind. Gastarbeiter haben sich so
was oft zugelegt, bevor sie Deutschland für immer den Rücken gekehrt haben. Was
damals modern und auffällig war, wirkt heute wie mit der Landschaft verwachsen.
Neuerungen, Veränderungen, Hektik, so scheint es, prallen von diesem Landstrich
ab. Wenn, dann geht es langsam voran, auch dafür steht der alte Mercedes.
Mittags
sind wir schon in Barcelos. Massig Zeit für ein kleines Städtchen, das sich
herausgeputzt hat und auf kleines Großstädtchen macht. Abseits der Hauptstraße
und der kurzen Fußgängerzone ist die Kleinstadt wie das umgebende Land. Ruhig
und am Bestehenden festhaltend, sogar in den Neubauvierteln. Die massive
festungsartige Mauer, die den mittelalterlichen Palast dos Condes vor dem
Abstürzen in den Fluss Cávado bewahrt, hat das schon beim Betreten der Stadt
angekündigt: Wenn Veränderungen, dann behutsam. Das scheint auch das heimliche
Motto der Partido Comunista Português zu sein. Im gepflegten Parteibüro mit
angrenzender Bar für
die Mitglieder sehen wir nur alte Menschen. Alte, die sich vermutlich noch
lebhaft an die Diktatur Salazars und die Nelkenrevolution 1974 erinnern können.
Jüngere sehen wir in den Geschäften der Fußgängerzone und auf dem großen
Parkplatz, der für all die neuen Autos zu klein ist.
Samstag, 31. Mai 2008 Ein Tag auf
dem Land
Etappe: Barcelos – Ponte de
Lima
Tageskilometer: 33
Gesamtkilometer: 85
Unterkunft: Jugendherberge
Barcelos schläft noch, als die
Hoteltür hinter uns ins Schloss fällt. Nur die Männer der Stadtreinigung sind
schon bei der Arbeit. Wir sind früh gestartet, so früh, dass die Hotelküche noch
nicht mal einen Kaffee für uns hat. Das lässt sich verschmerzen, denn Bars
werden wir sicherlich genug vorfinden. Viel schmerzhafter, als der fehlende
morgendlich Kaffee, wird die Sonne werden. Am Freitag hat sich das Wetter
endlich daran erinnert, dass hier Südeuropa ist. Dass ich ein Fläschchen
Sonnencreme schon viele hundert Kilometer in den Tiefen des Rucksacks
mitschleppe, hatte ich beinahe vergessen. Urlaubswetter wie aus dem Bilderbuch.
Wetter
für einen Ausflug aufs Land. Hügelig, fast schon bergig ist es um uns herum
geworden. Grün ist die alles dominierende Farbe. Ackerbraune Felder und
granitgraue Bauernhöfe drängen sich zwischen das leuchtende Grün der Weinberge
und Wiesen. Zwischen moosbewachsener Steinmauer und dem unter hohem Gras kaum
wahrnehmbaren Bachlauf, an dessen Ufer sich der Weg zu einem schmalen Pfad
verengt, der bei den niedrigen alten Häusern eines namenlosen Weilers auf eine
kurvige Dorfstraße stößt. Diese macht einen Bogen um den Dorfbrunnen, der schon
lange kein Wasser mehr führt, und verschwindet am Ortsende im Wald, senkt sich
in eine flache Senke,
um nach einer kurzen Steigung in einem weiten Tal auszulaufen.
Staubige
Feldwege führen zu einem Brückchen aus dem Mittelalter. An der Brücke hat das
Wasser einen kleinen Strand geschaffen. Schutzlos der Sonne ausgeliefert
flimmert die Hitze über dem Sand. Ein alter Mann mit Eimer und Angel sucht sich
einen Platz im hohen Schilf des hier träge dahin fliesenden Rio Neiva. Das Tal
ist etwas breiter geworden, nicht viel, aber die sonst so nahen Hügel sind nicht
mehr so nah, wirken nicht mehr so hoch. Hinter der nächsten Biegung verschwindet
der Weg erneut zwischen Weinbergen, wieder zwischen Granitpfählen, die ein
grünes Dach aus Weinlaub tragen. In
der Ferne schiebt sich ein weißer Kirchturm ins Bild, verschwindet nach ein paar
Schritten wieder und ist plötzlich wieder da. Um den Kirchplatz gruppieren sich
schattenspendende Bäume, fordern steinerne Bänke zur Pause auf. Eiskalt ist der
Stein. Nochmal ein Feldweg, in dessen breite Furchen die alten
Feldbegrenzungsmauern zu stürzen scheinen. An einem verwitterten Kreuz blühen
Plastikblumen um die Wette. In einer Hofeinfahrt trocknet Heu auf hohen
Holzgestellen. Drei alte Frauen biegen mit einem Ochsenkarren um die Ecke. Laut
schwatzend und fröhlich winkend setzen sie ihren Weg aufs Feld fort. Ein
vergessener Heimatfilm, Anno 1960.
Ponte
de Lima zehrt auch von den alten Geschichten, Mauern und Steinen. Völlig
unspektakulär, unaufgeregt ist das Städtchen. Eigentlich ist das ein großes
Dorf. Aber wer auf eine Vergangenheit, die schon vor dem Jahre Null fußt,
schauen kann, darf sich Stadt nennen. Restauriert, aufgeräumt, gefegt und
geputzt drängen sich die alten Häuser um den Hügel, auf dem der Palast Paço do
Marquês über dem Fluss thront. Spannend hat die Neuzeit ihren Einzug ins
mittelalterliche Stadtbild gestaltet: Ein wuchtiger und doch lichtdurchfluteter
Betonkubus hat sich eine Bresche geschlagen und schwebt nun federleicht über den
Pflastersteinen der alten Straße.
In Ponte de Lima gibt es, wie
gestern in Barcelos, keine Herberge, dafür aber eine neue moderne
Jugendherberge. Im Treppenhaus kommt mir ein bekanntes Gesicht entgegen. Eine
flüchtige Bekanntschaft vom Camino Francés, ein schon lange wieder namenloser
Kanadier. Er geht in die umkehrte Richtung, von Santiago nach Fatimá. Hier geht
das. Während wir den gelben Pfeilen nach Norden folgen, folgt er den blauen
Pfeilen nach Süden, die erst in Fatimá, dem portugiesischem Wallfahrtsort, enden
werden.
Nach und nach treffen unsere
Mitwanderer der letzten Tage ein. Bis auf eine flüchtige Begegnung in Barcelos
hatten wir die nicht mehr getroffen. Mangels preiswerter Alternativen ist die
Jugendherberge einer dieser Sammelpunkte, an denen sich alle wiedersehen.
Sonntag, 1. Juni 2008 Notlügen
Etappe: Ponte de Lima -
Rubiães
Tageskilometer: 18
Gesamtkilometer: 103
Unterkunft: Herberge
Ein bisschen verlaufen haben
wir uns an diesem Morgen, nicht viel, aber immerhin so viel, dass wir,
eigentlich nur meine Frau, von den Gedanken an das, was uns nachher noch
bevorstehen wird, abgelenkt werden. Ein Straßenköter begleitet uns eine ganze
Zeit. Er gehört zu der Sorte, die mit herzerweichendem Blick um Fressen betteln
oder nur mal so mitlaufen. Für uns sind das wieder ein paar Minuten, die
ablenken.
Dann ist es soweit. An einer
Bushaltestelle biegen wir ab, verlassen die ebene Landstraße. Endlich! Darauf
habe ich seit Tagen gewartet, denn seit unserm Start in Porto blamiere ich mich
jeden Tag aufs Neue. Wochen bin ich schon unterwegs, Hunderte Kilometer zu Fuß
liegen hinter mir, mein Rucksack ist so leicht wie noch nie, und trotzdem
deklassiert mich meine Frau immer wieder jeden Tag neu. Wie ein Anfänger, dem
jede Kondition fehlt, hechele ich hinter ihr her. Der kurze Stopp für ein Foto
sollte wirklich kurz sein, sonst ist sie weg. Eben mal in die Büsche, pinkeln
und dabei einen Blick über die Landschaft werfen? Lieber nicht, ich könnt' sie
verlieren. So geht das nun seit Tagen, es ist wirklich blamabel. Sie
braucht nur
ihren Kaffee in einer Bar, dann läuft sie ununterbrochen. Etwa fünf Stunden geht
das so, dann kommt die Frage, ob ich denn heute wieder keine Pause machen will,
natürlich im vorwurfsvollen Ton.
In der Ebene, im Flachland, im
leicht welligen Hügelland der letzten Tage ist meine Frau unschlagbar. Aber wehe
es kommen Steigungen. Heute kommt eine. Und was für eine! Der steilste und
längste Anstieg zwischen Porto und Santiago. Ich habe ein spanisches Wanderbuch.
Neben tollen Skizzen sind da Höhendia-gramme drin, furchterregende
Höhendiagramme. Wilde Zacken haben uns die vergangenen Tage begleitet – im Buch
wohlgemerkt. Dreißig, fünfzig, hundert Meter mussten wir rauf, zwanzig, vierzig,
hundert Meter wieder runter. Höher als 200 Meter waren wir bis jetzt noch nie,
und doch zeigt das Buch Höhendiagramme, die an eine Alpenüberquerung
denken lassen.
Heute müssen wir von
Meereshöhe auf 400 Meter rauf, aufs „Dach des Caminos“, wie es im spanischen
Buch beschrieben wird. Das Höhendiagramm ist grauenvoll: fast senkrecht steigt
die rote Linie vom Weiler Arco zum „Alto da Portela Grande“ hinauf. Wer das
Diagramm sieht, ist geneigt Seil und Haken einzupacken. Meine Frau kennt das
Diagramm, sie weiß auch, dass das Kommende nichts anderes ist, als zweimal aus
unserer Haustür raus und auf den Hügel dahinter. Mehr nicht.
Ja,
dann geht es links in den „Berg“. Bald wird aus dem Asphaltsträßchen ein
gepflasterter Weg. Noch einmal unter Weinlaub durch, wir sind auf einem Waldweg.
Unten rauscht ein Bach, links und rechts am Wegrand steht mannshohes Farn, von
weitem hören wir Kirchenlieder aus Lautsprechern. Schon den ganzen Morgen
begleiteten uns die Kirchenlieder. Vermutlich bewegt sich eine Prozession durch
die kleinen Dörfer am gegenüberliegenden Hang. Nochmals ein kurzes Stück ebener
Weg. Die Lieder verstummen, auf einem Stein im hohen Farn leuchtet ein gelber
Pfeil, es geht richtig
los, will sagen, es wird steiler.
Ein schmaler Pfad führt steil
nach oben. Rutschig ist der Pfad, die Spur ist sandig. Das Regenwasser hat eine
tiefe Rinne hinterlassen, in der große graue Steine unseren Füßen Halt geben.
Schon lange bin ich vorne. Meine Frau bleibt zurück, und es beginnt das seit
Jahren eingeübte Spiel. „Du musst nicht warten, geh’ schon mal vor“, damit fängt
es immer an. Gemacht habe ich das noch nie, wer weiß wie das endet. Später dann:
„Können wir nicht wie andere auch, einen Faulenzerurlaub am Strand machen?“ Das
ist schon deutlich gepresster. Nach mehreren Stopps kommt die alles
entscheidende Frage:
„Wie weit ist es noch bis oben?“ Das ist der kritische Punkt. Wenn’s noch was
dauert bis „oben“, will sie belogen werden. Meine Frau bestreitet das vehement,
aber das ist nur gekränkter Ehrgeiz. Ich laufe dann schon mal ein paar Schritte
vor und berichte, dass der Weg flacher wird oder, dass ich durch die Bäume die
Anhöhe sehen kann. Das muss nicht die Wahrheit sein, aber es hilft ungemein.
Meine Frau weiß, dass sie an Steigungen von mir belogen wird, sie will das auch
so, all ihrer Widerrede zum Trotz. Notlügen an Steigungen sind meine
Spezialität, vielleicht kann ich irgendwann einen Nutzen daraus ziehen.
Endlich sind wir oben, wir
haben sogar eine Pilgerin überholt, und ich kann mich erneut darauf einstellen,
meiner Frau hinterher zu rennen. Mein Vorteil endet hier oben auf der Anhöhe.
Wir müssen runter vom Hügel, die Landschaft wird welliger, dann flacher, meine
Frau ist wieder auf und davon. Es gibt nur diesen einen nennenswerten Anstieg
bis Santiago. Leider, leider. Ich werde mich wieder blamieren, wieder hinter ihr
zurückbleiben, sollte ich nicht aufpassen.
Montag, 2. Juni 2008 Wiederkommen?
Etappe: Rubiães - Tui
(Spanien)
Tageskilometer: 19
Gesamtkilometer: 122
Unterkunft: Xunta-Herberge
(Herberge der Regionalregierung)
Unten im Dorf, in Rubiães, in
der Bar hinter der Brücke, gibt es alles. Zur Straße raus fängt das mit einem
abgenutzten kleinen Schankraum an, der sich übergangslos in einen winzigen Laden
fortsetzt. Auf dem Boden stehen Säcke mit Brot, Kartoffeln und dem in diesem
Land allgegenwärtigen getrockneten Kabeljau, dem Bacalhau. Deckenhohe, ehemals
weiße Regale glänzen nach all den Jahren in einem undefinierbaren cremig
speckigen Farbton der an Uromas alte Waschkommode erinnert. Bis unter die Decke
reicht die gestapelte Ware. Küchenwaagen, Essbestecke, Nachttischlämpchen,
Tisch- und Bettdecken, Spielsachen, Werkzeuge, Lebensmittel, Getränke und vieles
mehr hofft auf Käufer.
Fast alles ist noch im Originalkarton verpackt. Vom unzähligen Zeigen und
Hervorholen sind die Kartons abgegriffen, rissig und die Laschen ausgerissen.
Wie oft mag eines der Familienmitglieder auf die schwere Eisenstehleiter
gestiegen sein, um dann das dann doch nicht Passende wieder an seinen
ursprünglichen Platz zurückzulegen? Hier gibt es Dinge, die sind 20 und mehr
Jahre alt. Nur mit viel Phantasie kann man von den ehemals bunten, nun
sonnengebleichten Bildchen der Kartons auf deren Inhalt schießen. In der Luft
liegt der Geruch von Seife, Käse, Wurst, Trockenfisch und Reinigungsmittel, der
in Richtung Bar vom warmen Duft heißen Kaffees verdrängt wird.
Was Laden und Bar nicht fassen, findet
im Hof Platz. Stacheldraht, Dünger, Schläuche, Kartoffeln, Schubkarren,
Brennholz gehen ein buntes Durcheinander ein, dessen Chaos sich vermutlich nur
den Alten aus dem Laden erschließt. Ein Zaun trennt den Hof vom Bauernhof, der
gehört auch noch dazu. Aus dem Stall
hört man das
Muhen einer Kuh, weiter hinten ist ein Schweinekoben zu sehen, Hühner mühen sich
durch abgrundtiefen Morast. Wie ein Fremdkörper aus einer anderen Welt steht
unter dem Vordach ein edelstahl-glänzender, vor Sauberkeit blitzender
Milchcontainer. EU-Vorschriften werden dem seinen Platz hier beschert haben.
An
diesem Morgen ist diese Bar der beste Platz für einen letzten Kaffee in
Portugal. Noch einmal müssen wir über einen Hügel, nur 200 Meter hoch. Portugal
verabschiedet sich zügig in Richtung Spanien. Der steile Abstieg vom Hügel geht
nach und nach ins wellige Grenzland am Rio Mínho über, als wolle man es uns
leicht machen, uns nicht mehr fordern. Portugal entlässt uns mit der
Aufforderung bald wiederzukommen.
Wir werden wiederkommen. Die
wenigen Tage haben genügt, um unsere Neugier wieder zu entfachen. Nicht in den
Norden, nicht auf einen markierten und beschriebenen Weg. Der Süden soll’s
werden, die einsame Atlantikküste abseits bekannter Routen. Im Herbst werden wir
wieder im Land sein, wollen dort wieder ansetzen, wo ich vor ein paar Wochen
abgebrochen habe. Für Portugal, da sind wir uns ganz sicher, brauchen wir keine
vor geplanten Routen, keine Unterkunftslisten und auch keinen der uns führt. Es
genügt, wenn man sich auf die Menschen hier verlässt.
Wie zur Bestätigung spricht
uns kurz vor der Grenze eine alte Frau an. Radebrechend, mehr mit Gesten und
Mimik, kommen wir ins Gespräch. Woher? Nach Santiago? Ob wir die kleine Kirche
besichtigen wollen? Nein, eigentlich nicht, wir sind keine Pilger. Ihr ist es
egal, sie holt den Schlüssel und sperrt auf. Kann man das ablehnen? Zum Abschied
schenkt sie meiner Frau ein Sträußchen bunter Frühjahrsblumen. Sie soll die
Blumen bis Santiago mitnehmen.
Minuten später treffen wir
erneut eine alte Frau. Wieder kommen wir mit Händen und Füßen, mit ein paar
Brocken Spanisch ins Gespräch. Sie hat große Wäsche und nutzt den neu
errichteten öffentlichen Waschplatz. Die Wäsche hängt zum Trocknen über einem
Wiesenzaun. Auch hier wieder die Fragen. Nach Santiago würde sie nicht pilgern,
wenn, dann nach Fatimá. Ihr Sohn sei schon dorthin gepilgert. Vor Jahren ist das
gewesen. Wir verstehen nicht viel von dem, was sie redet. Dass sie stolz auf
ihren Sohn ist, lässt sich trotzdem unschwer raushören. Pilgern, egal in welche
Richtung, hat bei den alten Menschen hier
noch einen ganz anderen Stellenwert als nördlich der Grenze.
Die
"Internationale Brücke", die Valença mit dem spanischen Städtchen Tui verbindet,
bringt uns über den Rio Mínho nach Galicien. Einfach so, keine Kontrollen, keine
Fragen, nichts. Vor Jahren hätten wir uns hier vermutlich ausweisen müssen,
vielleicht wären unsere Rucksäcke durchsucht worden. Sicherlich hätten wir in
einer Wechselstube die eine Landeswährung in die andere getauscht. Rituale, die
heute in Europa zum Glück immer seltener werden. Heute ändert sich nur die
Sprache, wenn man über die Brücke geht. Hier wird aus dem Caminho Português der
Camino Portugués. Hurra, endlich verstehe ich, was die Leute sagen. Vieles,
nicht alles. Es ist
beinahe ein Heimkommen.
Spanien, Galicien, das Land
der sehr guten Herbergen und der Caminos, und das Land der endlosen Siestas.
Mittags stehen wir vor der Herberge in der menschenleeren Altstadt Tuis. Ich
muss telefonieren damit die Hospitalera kommt. Schwein gehabt. Sie zeigt uns
noch ein Restaurant mit bürgerlicher spanischer Küche, dann ist aber wirklich
Schluss. Siesta! Wer jetzt noch kommt, muss ein paar Stunden warten. Punkt.
Nachmittags
sind unsere gelegentlichen Begleiter der vergangen Tage alle wieder da, es sind
sogar noch mehr geworden. Und neue, zukünftige Begleiter haben sich eingefunden.
Vier spanische Frauen beginnen hier ihren Camino. Es sind mal wieder die
berühmten 100 Kilometer, die für den Erhalt der Pilgerurkunde, der Compostela,
gefordert werden. Sogar ein Stückchen weiter ist es noch: 115 Kilometer trennen
uns vom Pilgerbüro im Schatten der Kathedrale.
Spät
abends sitzen wir mal wieder mit unseren Landsleuten zusammen. Alle haben viel
Zeit bis zum Rückflug. Alle wollen ab jetzt nur noch kurze Etappen gehen. Meine
Frau und ich haben auch Zeit. Wir könnten trödeln, uns jede einzelne Blume am
Wegrand ansehen, doch morgen werden wir eine lange Etappe gehen. 30 Kilometer
und mehr. Wir brauchen ein klein wenig Abstand.
Um 22 Uhr liegen alle in den
Betten, bis auf die vier Spanierinnen. Die sitzen unten im Flur reden und lachen
was das Zeug hält. Türen gibt es für jeden Raum, jedoch tragen die Wände keine
Decke. Moderne Pilgerhaus-Architektur in alten Gemäuern! Das Haus schallt wieder
vom Lärm der Frauen. Die eiserne Regel der Pilgerherbergen ist uns allen in
Fleisch und Blut übergegangen: Um 22 Uhr geht das Licht aus, spätestens eine
Stunde später ist Ruhe. Weil die meisten Pilgerherbergen der Regionalregierung
keine Lichtschalter haben, läuft alles über Automatik, Personal ist
nachts auch keins da. Ich
stehe um 23 Uhr vor dem Verteilerkasten und schalte den Damen das Licht aus. Das
ist der Vorteil, wenn man in vielen galicischen Herbergen gepennt hat: man weiß
wo die Verteilerkästen hängen.
Dienstag, 3. Juni 2008 Camino
militar
Etappe: Tui - Redondela
Tageskilometer: 31
Gesamtkilometer: 153
Unterkunft: Xunta-Herberge
(Herberge der Regionalregierung)
Die beiden jungen Frauen sind
fertig, fix und fertig. Unschwer können wir ihnen das ansehen. Beide sind in den
Tarnklamotten der spanischen Armee unterwegs, beide tragen eine Pistole am
Gürtel und ein Gewehr in der Hand. Komplettiert wird die Ausrüstung durch
mittelgroße Rucksäcke, die nicht eben leicht aussehen.
Müde greift die mit den langen
Haaren über die Theke am kleinen Empfang der Herberge. Sie weiß genau, was sie
sucht: den Stempel der Pilgerunterkunft. Die Mühe nach der Hospitalera zu
suchen, machen sie sich nicht. Die Frauen haben keine Zeit, denn sie sind
Soldatinnen des spanischen Heeres und auf dem Weg nach Santiago de Compostela.
Sie wollen die Pilgerurkunde, vermutlich werden sie dieses Stück Papier wollen
müssen. Den Gewaltmarsch nach Santiago konnten sie nicht ablehnen. Befehl! Es
ist ein Gewaltmarsch. Für die 115 Kilometer zwischen Tui und Santiago haben sie
2 Tage Zeit, so lautet die Vorgabe.
Es
ist schon später Nachmittag, als die Beiden mit müden Beinen das Haus verlassen.
Sie müssen weiter, unbedingt. Pausieren, sich draußen auf die Bank in der Sonne
setzen, das geht nicht. Ihre Gruppe ist schon weit voraus, die beiden
Soldatinnen bilden die Nachhut, eine ungewollte Nachhut. Mehr als 20 Kilometer
liegen noch vor ihnen. Es wird spät werden. Die Dunkelheit der Nacht wird ihre
erschöpfte Ankunft im Lager überdecken. Morgen werden sie erneut losziehen,
wieder 50 Kilometer, wieder getrieben von ihrer Gruppe, die vollzählig die
Kathedrale erreichen will. Soldatenehre? Befehl? Frauen-können-das-auch?
Schon den ganzen Tag waren uns
Soldaten und Militärfahrzeuge begegnet. Beim morgendlichen Kaffee in einer Bar
am Rand des großen Industriegebiets vor Porriño tauchten die ersten auf. Der Weg
bis dorthin war schön, nicht ganz so gut markiert wie in Portugal, aber schön.
Viele kleine Sträßchen, ein paar Waldwege durch schattigen Wald. Zersiedeltes
Land. Dass Spanien wohlhabender ist als sein kleiner Nachbar, war unübersehbar,
fiel uns sofort auf. Häuser, Autos, Straßen, alles war größer, neuer, moderner.
Das große Industriegebiet lag vor uns. Getreu dem Grundsatz, dass
Industriegebiete zwar nicht schön sind, aber man kann
da wenigsten nicht verhungern und verdursten, waren wir in der Bar gelandet.
Die Soldaten auch. Es waren
unsere ersten. Diese mussten nicht zu Fuß gehen, keine Waffen und Rucksäcke
schleppen. Fahrende Mittlere Dienstgrade in gelöster Stimmung. Da stand die
Truppe: breitbeinig in polierten Stiefel, in engen gebügelten Militärhosen, die
mehr Mann zeigten als verbargen, die Arme vor der Brust verschränkt, hin und
wieder, wie zufällig, eine Handbewegung zum Griff der Pistole. Spanische Machos
in Reinkultur, es war ja eine Frau in der Nähe. Gezwungen ungezwungen dazwischen
die Fahrer, noch jünger, noch kein Dienstgrad. Wir hatten uns nichts dabei
gedacht. Militär eben, mangels Feind vor der Haustür auf der Suche
nach Beschäftigung.
Auf
der endlosen Gerade durchs Industriegebiet hatten wir die schon vergessen. Viel
später erst, hinter Porriño, durch dessen Fußgängerzone wir mussten, wunderten
wir uns über die vielen Jeeps und Motorräder, die mit Soldaten besetzt, uns den
Weg streitig machten. Die Zeltlager und Verpflegungsstationen, die Lazarettzelte
und Sanitätsfahrzeuge hatte ich noch als Übung abgetan, sogar als uns der erste
Trupp
Soldaten überholte. Sechs Männer in fleckiger Tarnkleidung und neongelber
Warnweste, alle in voller Ausrüstung. Einer trug ein leichtes Maschinengewehr,
das wohl reihum ging. Später wurden wir immer häufiger überholt. Immer sechs
Leute mit leichtem Maschinengewehr. Da dämmerte der Verdacht, die sind auf dem
Weg nach Santiago!
Jetzt, in der Herberge von
Redondela wird aus dem Verdacht Gewissheit. Dass die 115 Kilometer in 2 Tagen
runterreißen, kann ich nachvollziehen – aber mit Waffen auf einem Weg, den viele
als Pilgerweg sehen?
Wir können uns Zeit lassen. Ab
jetzt werden wir nur kurze Etappen gehen. Neue Mitwanderer haben wir auch. Eine
portugiesische Studentin ist da, zwei spanische Frauen, die ob ihrer
Riesenrucksäcke fix und fertig sind, die vier Frauen, die gestern Abend
lautstark ihren Camino-Start gefeiert haben, sind auch hier gelandet. Und
Isabelle, die Französin vom ersten Tag, ist ebenfalls da. Wir sind ihr immer
wieder begegnet. Schon am ersten Tag hat sie sich von ihrer deutschen
Begleiterin getrennt. Auch in den Herbergen hat die Frau, die ihren Ruhestand
mit Wandern verbringt, sich meist abseits gehalten. Isabelle hat
es gerne ruhig, geht lieber
ihren eigenen Weg. Es sieht ganz nach einem ruhigen, entspannten Abschluss aus.
Mittwoch,
4. Juni 2008 Am Meer und in der
Stadt
Etappe: Redondela - Pontevedra
Tageskilometer: 18
Gesamtkilometer: 171
Unterkunft: Hotel
Gestern Nachmittag waren wir
schon am Meer gewesen. Es war eine Enttäuschung: Zuerst ein Kilometer Vorstadt,
die in glühender nachmittäglicher Hitze der Totenstille eines Friedhofs näher
war als dem pulsierenden Leben südländischer Städte. Dann ein gesichtsloser
Sportboothafen mit Plastikbötchen, die hinter einer Steinmole Schutz fanden. Das
war in der Bucht von Vigo. Unendlich lang zieht die sich ins Land hinein. Mit
Meer, Wellen, Brandung hat das alles nicht viel zu tun. Hinter der Steinmole war
ein winzig kleiner Strand. Zwischen Müll, faulendem Seetang, Plastik, Zweigen
und Ästen hatten sich Besucher im Badedress niedergelassen.
Das Wasser hinter der Mole
stand. Der Steinwall ist die perfekte Falle für alles, was die Flut mit Macht in
die Bucht drückt. Bei ablaufendem Wasser, wenn die Ebbe einsetzt, landet der
Dreck hinter der Mauer, staut sich auf, drängt rüber zum nahen Strand, bildet
auf dem Wasser eine Dreckschicht, auf der man dem Anschein nach gehen kann.
Träge, als würde eine schwere Last auf ihm legen, blubberte das Wasser unter der
Last des schwimmenden Unrats auf den Sand.
Wir hatten Platz unter dem
schattigen Vordach einer kleinen unscheinbaren Bar gefunden, Fassungslos
schauten wir uns das Schauspiel an. Einen Espresso und eine eisgekühlte Limonade
später waren wir weg. So hatten wir uns das Meer nicht vorgestellt.
Heute
Morgen sind wir wieder am Meer. Wir stehen auf der alten Brücke, die mit
niedrigen Steinbögen die Mündung des Rio Verdugo überquert. Es ist Ebbe. Das
Niedrigwasser hat einen breiten sauberen Strand freigelegt. Kein Mensch ist dort
zu sehen. Im Schlick liegen bunte Kähne. Am gegenüberliegenden Ufer, am kurzen,
aber hohen Kai von Ponte Sampaio kontrolliert ein Mann im signalgrellen
Überlebensanzug die langen Festmacher der im Wasser liegenden Boote. Netze,
Angelruten, Laternen und Fischkisten zeigen, dass einige der Schiffchen noch
immer für den Fischfang eingesetzt werden. Für den Lebensunterhalt wird das
nicht langen, für eine Bereicherung des wöchentlichen Speiseplans schon. Und an
guten Tagen wird ein Teil des Fangs seinen Weg auf einen Markt oder in die Küche
der Fischrestaurants finden mögen. Ganz am hinteren Ende der Bucht von Vigo ist
keine Spur mehr vom wütend anstürmenden Atlantik; und der raue Wind, der die
Touri-sten diesen Landstrich meiden lässt, hat, wenn er den langen Weg die Bucht
hoch hinter sich hat, seine zerstörerische Kraft längst verloren. So haben wir
uns das Meer am Ende der langen schmalen Bucht vorgestellt.
Isabelle haben wir kurz vor
der Brücke überholt – mal wieder an diesem Morgen. Obwohl wir die Französin
immer nur für kurze Augenblicke sehen, ist sie immer in unserer Nähe, oder wir
in ihrer. Ganz unauffällig, unaufgeregt ist sie, drängt sich nicht auf, sucht
keine wirkliche Nähe. Weder will sie unterhalten werden, noch sucht sie
Unterhaltung.
Pontevedra haben wir uns anders
vorgestellt. Genau genommen haben wir uns überhaupt nichts vorgestellt. Mittags
sind wir da, stehen vor dem verschlossenen Tor der Herberge. Es wird noch vier
Stunden dauern, bis sich deren Tor öffnen wird. Wir wollen nicht mit den
Rucksäcken stundenlang durch die Stadt ziehen. Zu
Stadtbesichtigungen gehört Muße, die Lust am Bummeln und die Leichtigkeit, die
sich nur beim Treibenlassen mit der Menge einstellt. Rucksäcke sind da eher
hinderlich. Kurzentschlossen suchen wir uns ein Hotel und entdecken Pontevedra.
Pontevedra
gehört zu den Städten, denen in den Reiseführern meist nur ein kleiner Absatz
eingeräumt wird. Das reicht wenigstens für die Aufnahme in den Orts-index, damit
hat es sich dann auch schon. Zu unserem nachträglichen Erstaunen verirren sich
nur wenige Touristen in diese Stadt. Pontevedra liegt direkt am salzigen Wasser
des Atlantiks, aber ganz am Ende eines fjordähnlichen Einschnitts, einer
sogenannten Ría. Das ist weit weg von der eigentlichen Küste, wir merken
überhaupt nicht, dass da draußen der Atlantik ist.
Die Altstadt ist wie aus dem
Modellbaukasten. Geschrubbt, gewienert, poliert, renoviert, saniert steckt sie
voller Leben und Geschäftigkeit. Zwischen die mehrstöckigen Granithäuser
schieben sich immer wieder kleine versteckte Plätze mit den für dieser Region
typischen Steinkreuzen. Breite Einkaufsmeilen laufen sich in schmalen Gässchen
tot. Spätnachmittags werden aus den großen Plätzen Flaniermeilen, wie sie nur
der Süden kennt. In Scharen bevölkern die Menschen die Plätze, die Terrassen der
Bars. Die Jungen bleiben in Bewegung, ziehen unstet weiter. Sehen und gesehen
werden. Die Alten verbringen den Abend auf den Bänken,
lassen das Leben an sich vorbei ziehen. Sie werden so lange dort sitzen bleiben,
bis es trotz wärmender Kissen zu kühl wird. Pontevedra ist nicht so laut wie die
Städte unten im Süden, wo das Leben gegen Abend explodiert. Pontevedra ist
angenehm, hier kann man die Füße hochlegen, ausruhen.
Donnerstag, 5. Juni 2008 Müßiggang
Etappe: Pontevedra – Caldas de
Reis
Tageskilometer: 24
Gesamtkilometer: 195
Unterkunft: Hotel
Im fahlen Zwielicht der
Morgendämmerung verlassen wir die Stadt nach Norden. Vom lebhaften Gewimmel des
gestrigen Abends ist nichts mehr geblieben, wir sind alleine unterwegs. In den
schmalen Gassen, die zum Flussufer hinunter führen, hallen unsere Schritte von
den hohen Mauern der alten Häuser wider. Ein Dieselmotor brummt durch eine
versteckte Nachbarstraße, wird lauter und erstirbt. Das blecherne Schlagen
ungedämmter Transportertüren wird in der morgendlichen Stille zu Kanonenschlägen
verstärkt. Durch einen niedrigen Torbogen fällt gelblicher Lichtschein in die
Gasse. In der Backstube wird schon gearbeitet. Schnell rein. Wärme und der Duft
frisch gebackenen Weizenbrots empfängt mich. Heute noch
bis Santiago, fragt einer der Bäcker im mehlverstaubtem Unterhemd, möglich wäre
das, fügt sein Nachbar hinzu. Ja, die Möglichkeit besteht durchaus. Wer will
oder keine Zeit hat, kann die 65 Kilometer in einem Tag runterreißen.
Wir wollen nicht, wir haben
alle Zeit der Welt. Uns trennen noch 3 kurze Etappen von Santiago und 6 Tage vom
Rückflug in die Heimat. Die Vormittage werden wir fürs Vorankommen nutzen, die
Nachmittage gehören den Etappenzielen. Berauschende Orte werden nicht dabei
sein. Keine Festung, keine Kirche, kein nennenswertes Museum wird uns die Zeit
stehlen können. Das, was noch kommt, lässt sich im Vorbeigehen mitnehmen. Aha,
mal da gewesen, mehr nicht. Es läuft aufs Rumlungern, aufs Totschlagen der Zeit
hinaus. Wir werden neue persönliche Bestleistungen fürs Sitzen auf sonnigen
Terrassen aufstellen können, unser Kaffeekonsum wird lange nicht mehr
gekannte Höhen erklimmen. Und wir werden die Zeit haben, Dinge zu entdecken, die
nur an solchen Tagen zu entdecken sind: rostende Blumenkübel unter wucherndem
Unkraut, Mauerkronen mit Glasscherben, von Moos überwucherte Steinmetzarbeiten
an mittelalterlichen Brücken und Granitkreuzen und rostende Nägel in morschen
Holztüren erhalten an diesen Tagen ungewohnte Aufmerksamkeit. Solche Tage geben
ohne Mühen ein Stück Zeit her für die Entdeckung des Belanglosen, für das, was
im Alltag des Vorankommens keinen Raum findet.
Am
späten Nachmittag sind wir in Caldas de Reis. Vielleicht, angeblich, wenn es
sonst nichts gibt und was auch immer, soll es in einer Schule eine
Pilgerunterkunft geben. Wir werden abgewiesen. Routiniert weist uns ein altes
Mütterlein, welches hinter einer niedrigen Glasscheibe die Pforte hütet, auf die
nahen Hotels hin. Nach dem späten Mittagessen, mal wieder ein undefinierbares
galicisch-fleischiges Regionalgericht, werden meine Frau und ich Eigentümer des
Städtchens.
Caldas de Reis ist tot,
mausetot. Niemand ist auf den Straßen zu sehen, sogar der Lkw-Verkehr ist
beinahe zum Erliegen gekommen. Die Geschäfte in der Fußgängerzone sind
verrammelt, einzig ein Laden mit asiatischem Nippes und Ramsch ist offen.
Asiatischer Bienenfleiß durchbricht die Ruhe der allgegenwärtigen Siesta. Sogar
Restaurants schließen, sobald der letzte Gast gegangen ist. Mittagszeit ist
Siestazeit, und der Mittag ist lang. Bis in den späten Nachmittag steht das Land
still. Wer nicht muss, arbeitet nicht, großzügige Pausenregelungen oder deren
Auslegung machen das möglich. Beamte,
Handwerker, Mediziner,
Kaufleute, alle legen eine lange Pause ein, halten den Tag nur für sich an.
Hinter geschlossenen Rollläden verschlafen die Menschen die Zeit, oder werden,
sobald der Sommer voller Wucht einsetzt, vor der alles lähmenden Mittagshitze
dort Schutz suchen. Nur Bars, die Schmelztiegel südländischer
Kommunikationskultur, sind offen, laden zum faulen Dösen bei einem Kaffee ein.
Längst
sind unsere Tassen leer, der Kaffeesatz ist kalt geworden. Ein Kellner wird
nicht kommen, niemand wird zum Zahlen auffordern oder eine neue Bestellung
entgegennehmen wollen. Wir können hier hocken bis die Sonne untergeht. So lange
werden wir nicht bleiben, nur bis wieder Leben Einzug ins Städtchen hält. Dann
wird die spannende Stille, die wandernden Schatten der Palmen, dem Lärm des
erneut einsetzenden Straßenverkehrs weichen. In den Geschäften werden ausgeruhte
Kaufleute den Sonnenrollo hochziehen, Juweliere das quietschende Rollgitter
beiseite schieben und die Bürgersteige werden sich wieder mit Menschen füllen.
Die Siesta ist zu Ende. Schade.
Freitag, 6. Juni 2008 Der dritte
Zweitletzte
Etappe: Caldas de Reis -
Padrón
Tageskilometer: 18
Gesamtkilometer: 213
Unterkunft: Xunta-Herberge
(Unterkunft der Regionalregierung)
Es sind immer die
Nationalstraßen, die den Weg vorgeben, nicht den ganzen Weg, aber einiges.
Nicht, dass man direkt auf den großen Straßen gehen muss, das kommt mittlerweile
nur noch selten vor, aber eine ist bestimmt immer in der Nähe. Mal rücken sie
einem auf die Pelle, dann wieder sind sie zum Vergessen weit weg, aber da sind
sie. Die Vía de la Plata hält sich an drei, vier dieser Fernstraßen, der Camino
Francés wird von einem ganzen Strauß Autobahnen und Fernrouten begleitet, nur
der Camino Portugués ist genügsamer. Sobald der Weg Spanien erreicht, hält der
sich an die N-550. Die
Pilgerrouten vergangener Zeiten waren meist gradlinig, führten ohne Umwege
direkt zum Ziel. Wenn möglich wurden Handelsrouten genommen. Diese versprachen
Sicherheit und schnelles Vorankommen, Hilfe in der Not und Unterstützung durch
die fahrende, reisende und pilgernde Gemeinschaft. Die Schönheit der Landschaft
war zweitrangig, Wegführungen weit abseits der wenigen Straßen waren zu meiden.
Pfade durch und über die Berge wurden nur dort genommen, wo es keine Alternative
gab. Der Verlauf der alten Pilgerrouten war optimiert auf ein Ziel: sicheres und
möglichst schnelles Ankommen hatte Vorrang vor allem anderen.
Bei
der Wiederbelebung der alten Pilgerrouten hat man sich daran gehalten. Nicht
eine möglichst naturnahe Wegführung stand im Vordergrund, die Nähe zu den seit
alters her bekannten Strecken war die Messlatte – zum Glück. Auf den Caminos
bekommt jeder das Land zu sehen wie es ist, nicht wie eifrige Tourismusmanager
es einem gerne vorgaukeln.
Seit Tagen treffen wir immer
wieder auf die N-550. Es sind immer nur ein paar Meter, die nicht stören, dann
sind wir wieder auf kleinen Nebensträßchen unterwegs. Wenn man so will, durch
die Hinterhöfe der Nationalstraße. Und seit Tagen ist das Land unglaublich
zersiedelt. Kaum verschwindet das letzte Haus hinter einer Kuppe, tritt man aus
dem Schatten des eines kleinen Tals ins Sonnenlicht, ist der nächste Ort schon
da. Es ist ein passender Abschied von der Iberischen Halbinsel. Seit mehr als
sechs Wochen bin ich nun hier, und ich bin in der Gegenwart,
im Hier und Jetzt. Wieder mal
ein vorletzter Wandertag vor Santiago. Es ist der nüchternste von allen.
Der auf der Via de la Plata im
Frühjahr 2007 wird vermutlich unerreicht bleiben, wird immer seine nagenden
Erinnerungen ins Heute strecken. Dieser Tag damals war ein einziger Zeitraffer
der schönsten und emotionalsten Momente aus vier Wochen Davonstehlen aus der
Gegenwart. Ein letztes Eintauchen in gestohlene Zeit, bevor das Häuten beginnt,
um in unserer Gesellschaft bestehen zu können.
Der auf dem Camino Francés ist
erst wenige Wochen her und doch schon am verblassen. Bilder haben sich gehalten,
Erinnerungen an Menschen, an Gespräche, Emotionen weniger. Es war eine Zeit in
der Jetztzeit und bis auf wenige
Ausnahmen war es eine Zeit unter Menschen, die in eben dieser Zeit leben, die
ihr gewohntes Leben fortgeführt haben, wenn auch zu Fuß. Eine Erinnerung wird
sicher bleiben, vielleicht die beste von allen, die an einen wirklich
internationalen, vielsprachigen Trampelpfad.
Heute
der Tag ist ganz anderes, das ist wirklich der vorletzte Tag an dem wir
unterwegs sein werden. Die drei Tage die wir noch in Santiago verbringen müssen,
zählen nicht, das wird auf ein Absitzen der Zeit hinauslaufen. Das ist der
nüchternste aller vorletzten Tage und doch ist das der vielversprechendste aller
vorletzten Tage. Über diesem Tag hängt eine Flüchtigkeit, ein Davonwehen, wie es
nur Tagen anhaftet, die man auf Reisen verbracht hat. Reisetage sind Tage ohne
Wiederholungen. Die Möglichkeit Verpasstes nachzuholen besteht nicht, nicht,
wenn man unstet zu Fuß unterwegs ist.
Wir werden das fortsetzen,
nicht auf diesem Weg, nicht auf bekannten Wegen. In Portugal haben wir uns das
schon vorgenommen, der Tag heute bestätigt das nur, hat die Erwartungen auf ein
anderes Reisen verstärkt. Die nächste Zeit wollen wir Fußreisen machen, nicht
jede Reise, aber oft. Wir wollen uns nicht immer nur auf die Empfehlungen,
Wegbeschreibungen und Erfahrungen anderer verlassen. Wir wollen selbst entdecken
wie die Welt aussieht, auch wenn es nur die staubige Dorfstraße eines
vergessenen Kaffs ist.
Jeden Tag treffen wir auf die
vier Spanierinnen, denen ich in Tui das Licht ausgedreht hatte. Vermutlich
wissen die Frauen, dass ich das war, aber das tut ihrer Laune keinen Abbruch.
Ebenso wie Isabelle aus Frankreich und die Studentin aus Portugal sind die vier
Frauen zu unserer festen Begleitung geworden. Als meine Frau und ich geduldig
unter den Platanen am Ufer des Rio Ulla auf die Öffnung der Herberge warten,
trudelt das Grüppchen ein. Die Herberge ist noch zu? Was, bis 16 Uhr! Die
spanischen Frauen, die nach eigenen Angaben aus sehr weltlichen Motiven
unterwegs sind, betrachten das Bereitstellen
spottbilliger Unterkünfte durchaus als Selbstverständlichkeit. Resolut wird per
Telefon die Hospitalera herbei zitiert. Man will schließlich etwas vom
Nachmittag haben.
Padrón
ist ein verschlafenes Städtchen. Der Legende nach soll hier die Barke mit dem
Leichnam des Apostels Jakobus angelegt haben. In früheren Zeit haben hier viele
Schiffe mit Pilgern angelegt, deren Fahrgäste dann nur noch wenige Kilometer
Fußweg nach Santiago bewältigen mussten. Auch heute soll sich die kleine Stadt
bei Pilgern großer Beliebtheit erfreuen, davon merken wir aber nichts. Na ja,
vermutlich ist dieser Freitag der falsche Tag. Morgen, da fängt das Wochenende
an, ist hier bestimmt mehr los.
In der Kirche steht eine
Statue, die den Apostel Jakobus hoch zu Ross zeigt. Mit gefühllosem Blick schaut
er auf die unter seinem Pferd kauernden heidnischen Mauren, denen er jeden
Augenblick den Kopf abschlagen wird. Jakobus als Maurentöter, eine über lange
Jahrhunderte bemühte Darstellung des Heiligen, auf die Spanien und die Kirche
heute keinen großen Wert mehr legen dürften.
Samstag, 7. Juni 2008 Santiago –
mal wieder
Etappe: Padrón – Santiago de
Compostela
Tageskilometer: 24
Gesamtkilometer: 237
Unterkunft: Hostal in der
Altstadt
Wir haben es eilig, wie immer
am letzten Tag. Zeit haben wir in Massen. Trödeln, bummeln, die wenigen
Kilometer auf zwei Tage verteilen, alles wäre möglich. Wir wollen das nicht. Es
ist vorbei, der kurze Urlaub meiner Frau, und meine längere Auszeit, die mich
völlig überraschend dorthin gebracht hat, wohin ich nie wollte.
Der letzte Tag einer Reise
gehört nicht mehr ganz dem Urlaub. Langsam gilt es wieder Fuß zu fassen, sich
auf das Alltägliche einzustellen. Die Familie rückt wieder in den Vordergrund,
die Blumen auf der Fensterbank, das Auto, das scheinbar ewige Wiederkehren von
Nichtigkeiten. Aber gut, dass es letzte Tage gibt, denn nur denen kann ein neuer
erster Tag folgen. Immerhin ein Trostpflaster, wenn auch ein kleines.
Das ist meine dritte Ankunft
zu Fuß in Santiago, immer über einen anderen Weg. Einmal bin ich zu Fuß aus der
Stadt raus gegangen. Das war an dem Tag, als ich ans Ende der Welt aufgebrochen
bin, nach Finisterre. Das war der schönste Weg. Keine zwei Kilometer dauert es,
dann ist man im Grünen, ist tatsächlich auf dem Land, und man hat dort den
schönsten Blick auf die Stadt. Kein Fußweg in die Stadt rein kann da mithalten.
Heute weiß ich das.
Mittags
stehen wir im Pilgerbüro, für mich gibt es erneut die „Sporturkunde“, der Lohn
fürs Ankreuzen von „Nicht religiös“. Diesmal gibt es kein Wiedersehen mit vielen
Menschen vom Weg. Die paar, die wir getroffen haben, könnten in der Menge
verloren gehen. Vielleicht sehen wir die Spanierinnen, die uns so zuverlässig
begleitet haben noch, oder Isabelle, oder das spanische Ehepaar aus der ersten
Herberge hinter Porto. Die Studentin aus Lissabon werden wir bestimmt treffen,
die war seit Tui immer in unserem Tempo unterwegs. Wir treffen sie alle. Die
spanischen Frauen, die heute Abend laut fröhlich feiern werden, das Ehepaar
aus den Pyrenäen, Isabelle aus Frankreich und natürlich die Studentin. Sie ist
ein wenig enttäuscht. Der Weg ist zu kurz, kaum gestartet, schon ist man da. Wie
ein Spaziergang im Park.
Bis Mittwoch haben wir noch
Zeit. Die werden wir erschlagen müssen. Santiago ist
nicht Rom oder London. Santiago ist noch nicht mal Köln. Santiago ist
trotz der 150.000 Einwohner wie ein großes Dorf mit einer schönen aber
überschaubaren Altstadt. Es dauert nicht lange, da kennt man jede Gasse, jeden
Kitschladen und Menschen mit Rucksack kann ich auch nicht mehr sehen. Der
schönste Teil der Stadt? Nach vier
Aufenthalten vielleicht die Wege aus der Stadt raus - und sei es der zum
Flughafen. Vermutlich ist das der Preis für die mehrmalige Ankunft. Und nach
mehr als 1.100 km in sechs Wochen, freue ich mich
tatsächlich aufs Zuhause.
Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 35 - August 2011
Die Azoren als Wanderparadies im
Atlantik
Von Gerhard Wandel
Nicht mehr Europa, aber auch nicht Amerika, so
präsentieren sich neun Inseln im Atlantik. Die Inseln der Azoren gliedern sich
in drei Gruppen:
die
südöstliche Gruppe mit Sao Miguel, der größten und zugleich wichtigsten Insel,
und Santa Maria, die Mittelgruppe mit Terceira, Graciosa, Sao Jorge, Faial und Pico, sowie die Inseln im Nordwesten,
Flores
und Corvo.
Die Inseln sind vulkanischen Ursprungs. An verschiedenen Stellen treten
heiße Quellen aus dem Boden. Die Inseln wurden erstmals mit der Entdeckung und
Inbesitznahme durch portugiesische Seefahrer im 15. Jahrhundert besiedelt und
bildeten den wichtigsten Stützpunkt auf dem Weg nach Afrika und Amerika. Auch
die ersten Telefonkabel in die „Neue Welt“ wurden über die Azoren verlegt.
Transatlantikflüge mussten hier bis zum Zeitalter der Düsenjets einen
Zwischenaufenthalt einlegen.
Die Azoren gehörten immer zu Portugal, auch wenn die Zuwanderer aus anderen
Teilen der Welt stammten. Somit sind die Azoren der Vorposten der EU im
Atlantik. Das hatte auch zur Folge, dass zur Ankurbelung des Tourismus mit
EU-Geldern Wanderwege angelegt wurden und werden. Ein die Inseln überziehendes
zusammenhängendes Netz von Wanderwegen existiert noch nicht. Die Markierung
beginnt vielfach außerorts an einem Wanderpark-platz. Dadurch können die
begangenen Wege vom nächsten Ort oder Bushalt deutlich länger als die im
Wanderführer bzw. Faltblatt angegebenen Entfer-nungen sein.
Die
Wegebezeichnung ist wie folgt aufgebaut: PR (bzw. PRL, PRC), Nummer, Insel (z.B.
SMA). Von den einzelnen Wegen gibt es Faltblätter mit Höhendiagramm,
Kurzbeschreibung und Kartenausschnitte. Die Markierung der Wege folgt dem
französischen, spanischen oder auch belgischem Markierungssystem. Ein Wegweiser
für alle europäischen Wege??
Im Jahre 2010 sind neue
Reiseführer und Landkarten erschienen:
1. „Azoren“ von Michael Bussmann
im Michael Müller Verlag (4. Auflage), ISBN 978-3-89953-576-1, sehr
ausführlicher Reiseführer zu allen Inseln mit über 500 Seiten Umfang,
beinhaltend auch 39 Wandertouren.
2. „Azoren“ von Roman Martin im
Bergverlag Rother (2. Auflage), ISBN 978-3-7633-4367-6, mit 75 Wandertouren,
Zeitangaben, Geländeprofil und Kartenausschnitte.
3. Straßen- und Wanderkarte
Azoren 1:50.000, Verlag Freytag & Berndt, ISBN 978-3-7079-1060-5, (dieselbe
Karte wird auf den Azoren unter der Bezeichnung „turinta mapas Acores, 7.
Edition“ um gut den halben Preis verkauft), ISBN 978-989-556-084-4.
4. Ältere Straßen- und
Wanderkarte (2008), Maßstab 1:70.000, Reise-Know-How-Verlag, die zwar ebenfalls
Wanderwege ausweist, aber für einen Wanderer an Aktualität und Genauigkeit zu
wünschen übrig lässt.
Die Anreise wird in der Regel mit dem Flugzeug erfolgen. Direktverbindungen
ab Frankfurt mit Sata (www.sata.pt)
oder via Lissabon. Internationaler Flughafen ist Ponta Delgada auf Sao Miguel.
Verbindungen zwischen den Inseln werden ebenfalls in erster Linie über Flugzeuge
erfolgen. Es besteht eine regelmäßige Schiffsverbindung mit der Atlantico-Line (www.atlanticoline.pt)
zwischen den einzelnen Inseln.
Wichtige Internetadressen:
www.azoren-online.com
enthält auf Deutsch Beschreibungen der Inseln, Angaben zum Wandern, Radfahren,
zu Taxi, Bus, Flug- und Fährverbindungen und ein ausführliches
Unterkunftsverzeichnis mit Hotels, Pensionen, Appartements, Privatunterkünften,
und Jugendherbergen
www.trails-azores.com
enthält Kurzbeschreibungen von Wanderwe-gen auf Portugiesisch und Englisch,
Kartenausschnitte, GPS-Daten
www.smigueltransportes.com
enthält Fahrpläne der Busverbindungen auf Sao Miguel.
Unterkünfte:
Hotels, Pensionen / Residencial (muss nicht schlechter als ein Hotel sein,
ist aber deutlich günstiger) Casa de Hospedes (Gästehäuser), Privatzimmer (sehr
gute Erfahrungen), Jugendherbergen sind nur wenige vorhanden, Camping
Kurzer Sprachführer
Portugiesisch:
Bom dia!
Guten Morgen!
Boa tarde!
Guten Tag!
Por Favor
Bitte
Obrigado
Danke
Onde é o posto de informacao
turistica?
Wo ist die Touristeninformation?
Esta estrada vai para?
Ist das die Straße nach?
Quando
parte o próxima autocarro para ?
Wann fährt der nächste Bus nach
?
O caminho está bem sinalizado?
Ist der Weg gut markiert?
caminar
wandern Este trilho está temporariamente fechado! Der Weg ist derzeit nicht begehbar!!!
Diesen Satz sollte man nicht zu
ernst nehmen. Es kann Monate dauern, bis die Rückmeldung von der Beseitigung von
Unwetterschäden in der Hauptstadt angekommen ist. „Turismo“ vor Ort ist in der
Regel besser informiert.
Auch Taxi- oder Busfahrer können nicht unbedingt englisch sprechen. Wer eine
romanische Sprache spricht, kann selbstverständlich auch portugiesisch lesen.
Verstehen wird jedoch zusätzlich durch die Inseldialekte erschwert! In den
Hotels ist selbstverständlich Englisch die Umgangssprache.
Für Weitwanderer von Interesse werden nur die großen Inseln sein: Sao
Miguel, Terceira, Sao Jorge und Pico. Die kleineren Inseln können nur als
zusätzlicher Leckerbissen den Urlaub abrunden.
Eigene Wandertour
Ich habe als Einleitung eine Wandertour auf der Hauptinsel Sao Miguel
versucht. Der Westen der Insel wird vom Bergmassiv um den Kratersee „Lagoa Azul“
beherrscht, der Osten vom höchsten Berg der Insel, dem Pico da Vara (1103 m).
Beim
Mittelteil der Insel handelt es sich um flaches Schwemmland, das für Wanderer
wenig geeignet ist. Es gibt intensive landwirtschaftliche Nutzung,
Weidewirtschaft überwiegt. Aber man findet auch ausgedehnte Wälder.
Das Landesinnere ist kaum besiedelt; Unterkünfte abseits der Küste sind
somit Mangelware. Ich empfehle Vorausplanung; es war aber immer möglich auch
ohne Vorbestellung Zimmer zu bekom-men. Alle sind eingeladen, meinen Weg
auszubauen, zu ändern, oder selbst neu zu planen!
1. Tag
Mit dem Bus von Ponta Delgada
nach Candelária. Von dort Wanderung über Nebensträßchen, Feldwege (nicht
markiert) über Socorro nach Ginetes zur warmen Quelle (Thermalbad) „Ponta da
Ferraria“. Von dort über markiertem Weg nach Moura, Lomba da Fonte, mit immer
wieder schönen Aussichtspunkten nach Mosteiros, einem malerischen, aufstrebenden
Fischerdorf. Weiter über die (leider!) im Bau befindliche neue Betonstraße hoch
nach Mafra, über Feldweg, Hauptstraße EN 1
nach
Joao Bom. Dort habe ich im „Casa Anneliese“ (www.Casa-Anneliese.de)
bzw. „Casa Ralph & Hertha“ in ländlicher Idylle eine nette Unterkunft mit
Apartments und Zimmern gefunden, wo die Gäste am Abend von Norbert und Christine
liebevoll bekocht werden.
Wanderzeit ca. 6 ½ Stunden.
2. Tag
Leider hat uns über Nacht der Regen erreicht und alles liegt im Nebel. Bei
der bezaubernden Unterkunft schone ich meine Schultern und baue die heutige
Tagestour zu einer Rundtour mit kleinem Gepäck um.
Von
Joao Bom führt ein nicht markierter Erdweg (ca. ¾ Stunde Aufstieg) vorbei an
landwirtschaftlich genutzten Flächen und durch dichte Wälder zum Rundweg um den
größten Krater der Azoren: „Caldeira das Sete Cidades“, bei Rother unter Tour
Nr. 7 beschrieben (offizieller Wanderweg PR 3 SMI).
Tatsächlich
reißt der Himmel kurz auf und gewährt einen gigantischen Blick über den Lagoa
Azul. Leider wird der Rundweg auch von Trekking Safari Tours mit dem Jeep
befahren. Nachdem Wolken die Sicht versperren, kürze ich die Wanderung ab und
steige beim ehemaligen Hotel und Aussichtspunkt „Vista do Rei“ durch Wald und
Weiden hinab nach Sete Cidades, einem kleinen Ferienort am Lagoa Azul zur
Mittagsrast. Von dort steige ich wieder hoch auf den vorher begangenen Rundweg
und freue mich auf eine weitere Nacht in Joao Bom.
Wanderzeit ca. 6 Stunden.
3. Tag
Joao
Bom, Pico da Cruz, Pico do Cavao, Capelas – Ribeira Grande. Es geht wieder hoch
zum Kraterrand „Caldeira das Sete Cidades“. Der markierte Weg (PR 4 SMI) führt
am nördlichen Kraterrand entlang mit herrlichem Blick auf den Lagoa Azul und
Lagoa Verde zum Pico des Remédios, Pico da Cruz, weiter zum alten Aquädukt an
der Inselrundstraße ER 8, dort nach rechts zu einem Wanderparkplatz, ab nach
links über den markierten Weg („Lagoas“) zum Lagoante Eguas, Lagoa Rasa. Ich
weiche vom markierten Weg ab und folge Fußspuren über einen Bergrücken. Leider
hat mich der Nebel wieder
eingeholt und eine Weiterorientierung wird schwierig. Ich wandere zu einem
Fernmeldturm und orientiere mich neu. Vorbei am Lagoa do Calderao Grande
erreiche ich erneut die Hauptstraße ER 8 bei einem weiteren
alten
Aquädukt. Von dort wandere ich weiter auf leider zwischenzeitlich asphaltierten
Nebenstraßen nach Capelas an der Nordküste (teilweise Routen 7 und 8 bei Rother,
Nr. 7 und 8 bei Bussmann). Den Abschnitt an der Nordküste von Capelas nach
Ribeira Grande überbrücke ich per Taxi. Trotz Bau einer Umgehungsstraße ist die
Altstadt von Ribeira Grande stark von Durchgangsverkehr belastet. Das dort
ausgewählte Übernachtungsquartier Residencial erweist sich als nicht
vorbildlich. Das Restaurant „Ala Bote“ am Hafen mit tollem Blick von der
Terrasse über den Strand zum Sonnenuntergang im Westen entschädigt jedoch für
manche Unannehmlichkeit.
Wanderzeit ca. 6 ½ Stunden.
4. Tag
Inseldurchquerung
von Nord nach Süd. Der Versuch, den Wanderweg durch eine Taxifahrt zur
Thermal-therme Caldeiras abzukürzen, scheitert. Empfehlung: Nicht über die
Straße, sondern über den Fuß-weg auf der geografisch rechten Seite des Ribeira
Grande nach Caldeiras wandern. Dann muss man in den sauren Apfel beißen und sich
mit vielen automotorisier-ten Ausflüglern die enge kurvenrei-che Bergstraße zum
Monte Escuro (890 m) hoch quälen. Dort findet man eine Wandertafel und einen
bequemen Almenweg zum Pico Comieira und Pico da Cruz (teilweise Wandertour Nr.
15 bei Rother, PR 32 SMI). Hier verpasse ich leider die Abzweigung
und folge dem Fahrweg, der mich
im weiten Bogen nach Ribeira Seca führt. Vorsicht vor den freilaufenden Hunden!
In der Regel akzeptieren diese auch den durch meine Wanderstöcke gezogenen
Sicherheitsabstand. Manchmal helfen aber nur ein paar Steine zur Abwehr der
Biester. Es trennt mich noch ein Kilometer von meinem Etappenziel Vila Franca do
Campo, das leider, wie die meisten Orte an der Südküste, mit den Nachbarorten
zusammengebaut ist. Hurra, die Insel ist durchquert! Übernachtung im gehobenen
Strandhotel mit allen Segnungen der Zivilisation.
Wanderzeit ca. 7,00 Stunden.
5. Tag
Der Weiterweg beginnt erst im kleinen Kurort Furnas am Lagoa das Furnas. Der
Linienbus überbrückt das Zwischenstück. Ich ignoriere die verwirrende
Beschreibung bei Rother und folge meiner Nase, die mich schnell auf einen
markierten Weg führt. Dass dies nicht der richtige Weg ist, weiß ich natürlich;
aber ich bin in der Zwischenzeit Azoren erfahren und habe ja eine Karte bei mir.
Ich wandere am Ufer des Lagoa das Furnas entlang und folge einem kleinen
Sträßchen ins Hinterland und schließe noch einen Besuch auf dem Pico do Gaspar
an. Den Weiterweg laut Karte kann ich nicht
finden. Mehrere Versuche enden an
Weidezäunen. Ich kapituliere vor dem eingezäunten Sao Miguel und folge der
Fahrstraße bis zum Kreuzungspunkt mit dem offiziellen Wanderweg (bei Rother Nr.
17, bei Bussmann Wanderung Nr. 14). Auf dem Pico da Areia steht ein hölzerner
Aussichtsturm mit schönen Rundblick über den mittleren und östlichen Teil der
Insel. Der Weiterweg führt mich über einen angenehmen Bergweg hinunter zur Küste
nach Ribeira Quente. Die Zeit läuft mir davon und ich habe noch kein
Nachtquartier. Ich rufe im Turismo in Povoacao an und reserviere ein Zimmer. Ich
könnte bis 18.00 Uhr in der Touristeninformation vorbei kommen; sie würde mir
ein Zimmer besorgen. Ich mache mich schleunigst auf den Weiterweg, der in
ständigem Kräfte raubenden Auf und Ab der Küste entlang führt. Der Weg muss erst
vor kurzem frei geschlagen worden sein. Der Wegzustand lässt viele unserer
einheimischen Wege vor Neid erblassen. Wer für die Unterhaltung der Wege
verantwortlich zeichnet, ist mir leider nicht bekannt, so dass ich mein Lob für
mich behalten muss.
Dichter
Urwald erlaubt nur wenige Blicke in die Landschaft (bei Rother Teil vom Weg Nr.
18, PR12 SMI). Kurz vor 18.00 Uhr erreiche ich Povoacao. Das Zimmer ist
außerhalb in Lomba do Loucao. Ein freundlicher Portugiese bringt mich mit seinem
Auto zu meiner Unterkunft. Er erzählt mir, dass er mit anderen jedes Jahr eine
Pilgerwanderung um die Insel mache, in der sie singen und in den Kirchen beten.
Bei Michael Bussmann ist ein kurzer Artikel über die sogenannten „Romeiros“ zu
finden. Meine heutige Unterkunft ist in einem prachtvoll restaurierten alten
Haus bei einer amerikanischen Lehrerin, die wieder in ihre Heimat zurückgekehrt
ist, Maria D. Resendes, Lomba do Loucao, Povoacao,
www.CasaMariadeDeus.com.
Wanderzeit ca. 7 Stunden.
Die Wanderung lässt sich im
Osten/Nordosten der Insel fortsetzen. Dieser Teil der Insel ist nicht so dicht
besiedelt. Ich selbst habe jedoch noch Lust auf eine weiter azorianische Insel,
Santa Maria, die zwar auch schöne Wanderwege hat, aber mangels Größe nicht
„fernwandertauglich“ ist.
Fotos: Gerhard Wandel
Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 38 - August 2012
Europ Alpen A AL AND B BG BIH BY CH CY CZ D DK E EST F FIN FL GB GR H HR I IRL IS L LT LV M MC MD MK MNE N NL P PL RO RSM RUS S SK SLO SRB TR UKR V |